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Geschichten

Schmusebär oder Bettvorleger?

Jeder, der sich irgendwann einmal mit den Themen online chatten und ”blind dates” beschäftigt hat, weiß, dass es davon so einiges zu berichten gibt. Also ich wäre normalerweise niemals auf die Idee gekommen, jemals in meinem Leben online zu ”gehen”, wie man so schön sagt, aber ich wurde von meiner Schwester Rosaya (eine verheiratete Onlinesüchtige) dazu regelrecht animiert, wenn nicht sogar schon fast dazu gezwungen. Weil ich es einfach nicht mehr länger ertragen konnte, habe ich dann also eines Tages nachgegeben. Nach den ersten Versuchen kam dann auch tatsächlich der ein oder andere lustige Chat zustande. Ich notierte mir immer ganz eifrig von jedem Chatter den Chatnamen, das Alter, die Größe, die Haar- sowie die Augenfarbe und unbedingt den Wohnort. Ganz wichtig war für mich auch noch das Sternzeichen (am besten sogar mit Aszendenten, denn ohne diesen hat ein Sternzeichen – ich sehe das zumindest so - absolut keine Aussagekraft).

Irgendwann traf ich dann auch online einen LKW-Fahrer aus der Nähe von Mainz (damals wohnte ich noch in Frankfurt und Mainz war also nicht weit entfernt von mir). Mit Onlinenamen hieß er Schmusebär und im Alltag nannte er sich Kalli. Er war 35 Jahre alt, hatte blonde Haare und blaue Augen. Er war allerdings Waage und konnte somit nicht eines meines Lieblings-Wasserzeichen (Skorpion, Krebs oder Fische, wie ich selbst einer bin, sogar auch noch mit Aszendent Fische) sein eigen nennen. Aber davon ließ ich mich nicht irritieren und chattete munter drauf los mit diesem schmusigen Bären.

Mein Bruder Falco, der damals seit kurzem mit seinem Cockerspaniel Nicky bei mir und meinem schottischen Labrador-Terrier-Mischling Jimmy wohnte, meinte, er müsse mir mit ”Rat und Tat” hilfreich zur Seite stehen und bot mir an, für meinen Kalli eine sog. Sounddatei zu erstellen. Ich hatte zwar keine Ahnung, was das war, wollte das aber unbedingt für Kalli bewerkstelligen, denn es schien absolut ”in” zu sein. Falco half mir also dabei und ich besprach am PC eine Sounddatei mit folgendem Text: ”Hallo mein Schmusebär Kalli, hier spricht dein Engelchen. Ich vermisse dich ganz doll.” Diese Sounddatei schickte ich ihm per email, denn er hatte mich ein paar Tage davor per sms zum ersten Mal Engelchen genannt und ich fand diesen Kosenamen absolut niedlich (ihr müsst wissen, dass ich deutsche Kosenamen überhaupt nicht gewohnt war, weil ich bis zu diesem Zeitpunkt  noch niemals einen deutschen Freund gehabt hatte).

Kalli freute sich riesig über die Überraschung mit der Sounddatei. Mittlerweile kannten wir uns fast zwei Wochen online und hatten schon ein paar mal kurz telefoniert. Ich konnte ihn komischerweise immer nur im LKW erreichen bzw. er mich und dann immer nur auf Handy. Als ich ihn fragte, warum ich ihn denn nicht abends einfach mal ganz spontan, wenn ich Lust dazu hatte, auf Festnetz anrufen könne, meinte er, dass das nicht möglich sei. Das wunderte mich, denn schließlich war er doch online und dazu braucht man normalerweise ein Festnetz, es sei denn, man kann das Geld zum Fenster hinauswerfen und kann es sich leisten sich über Handy im ”Netz” anzumelden. Aber diese Variante schied wohl bei einem  LKW-Fahrer aus nachvollziehbaren Gründen aus! Kalli erklärte mir, dass Anrufe auf Festnetz deshalb nicht möglich seien, weil ausschließlich sein Vermieter den Festnetzanschluss verwende. Kalli habe als Untermieter lediglich die Berechtigung für die Benutzung des online-Zuganges, der separat verrechnet würde. Als ich daraufhin von ihm wissen wollte, warum ich ihn eigentlich abends nicht wenigstens auf seinem Handy anrufen könne oder er mich, meinte er, dass er leider grundsätzlich zuhause keinen Handyempfang habe. Irgendwie machte mich das alles sehr traurig, aber es blieb mir nichts anderes übrig, als seine Erklärungen notgedrungen zu akzeptieren. Wie gerne hätte ich mal abends oder am Wochenende mit ihm telefoniert. Das war echt die ”Hölle” für mich, was meine weiblichen Geschlechtsgenossinnen und alle Liebeskummergeplagten sicherlich sehr gut nachvollziehen können. Die absolute Unmöglichkeit der telefonischen Kontaktaufnahme mit meinem online-Freund trieb mich fast in den Wahnsinn!

Als wir uns fast vier Wochen kannten, machte Kalli den Vorschlag, dass wir uns doch nun endlich mal live und real, sozusagen ”in persona”, treffen sollten. Er hatte von mir schon online ein Foto bekommen, aber ich von ihm noch nicht, denn er hatte keinen Scanner und bislang noch keine Zeit gefunden, sich um ein aktuelles Foto zu kümmern und es mir dann per Post zuzusenden (er mußte wohl sehr viel zu tun haben, der arme Trucker) . Ich war ganz aufgeregt wegen des Treffens! Er war ja sooooooooo süß, hatte eine sympathische Stimme und schrieb auch meganette online-Telegramme, obwohl Rechtschreibung nicht gerade seine Stärke war, worüber Falco sich köstlich amüsierte. Ich hatte irgendwie das Gefühl, auf dem besten Wege dazu zu sein mich in den Mainzer Schmusebären  zu verlieben oder bildete ich mir das nur ein (ich hatte ich ihn ja noch nie gesehen)? Konnte man in eine Art Phantom überhaupt verliebt sein? Ich wusste es nicht, aber ich wollte es unbedingt herausfinden. Mein Bruder bestärkte mich darin, einem Treffen an einem neutralen Ort zuzustimmen, denn er konnte das Liebesgesülze seiner Schwester nicht mehr länger ertragen. Drei Tage später war es dann soweit. Zwei Stunden vor dem ”Date” war ich ein nervliches Wrack. Ich hatte mir extra den Nachmittag frei genommen, damit ich mich in aller Ruhe auf diesen außergewöhnlichen ”Termin” bzw. auf mein erstes ”blind date” vorbereiten konnte. Aber was zog ich an? Wie würde er gekleidet sein (Megaklasse wären Hemd mit Bundfaltenhose und dazu noch eine Weste!)? Ich hatte Kalli wegen der ”Kleiderordnung” am Vorabend gefragt, aber nur eine ausweichende Antwort erhalten. Ich grübelte und grübelte und entschied mich schließlich für hochhackige, offene, schwarze Pumps, ein enganliegendes schwarzes Kleid mit einer halbärmeligen beigen Jacke und passende Accessoires dazu. Das sah megaelegant aus und harmonierte auch perfekt mit dem luftigen Klima im Juni. Dann stylte ich meine schulterlangen, rotgefärbten Haare noch mit einer Fön-Frisur und legte ein unaufdringliches Tages-Makeup auf. Es war gleich 16 Uhr und nun könnte mein Romeo eigentlich bald mal eintreffen, denn so langsam wurde ich ungeduldig!

Kurz nach 16 Uhr klingelte dann endlich das Telefon und Kalli war am Apparat. Er fand irgendwie den Weg zu mir nicht (ungewöhnlich für einen versierten LKW-Fahrer dachte ich). Ich übergab sofort an Falco, denn mit Autofahren hatte ich ”nix am Hut”. Seit Jahren traute ich mich schon nicht mehr, selbst ein Auto von A nach B zu bewegen, geschweige denn jemandem, der sich irgendwo verirrt hatte, eine korrekte Wegbeschreibung zu geben. Mein Bruder übernahm das zum Glück sehr lässig und legte anschließend mit einem Grinsen den Hörer wieder auf. Er meinte, dass er irgendwie ein komisches Gefühl mit meinem Schmusebären habe, aber vielleicht täusche er sich ja (aber Falco täuschte sich nie.....................oh je, das machte mir aber nun echte Sorgen).

Eine halbe Stunde später klingelte es. Jimmy dachte wohl, ich würde mit ihm gassi gehen und sprang vor lauter Aufregung an seinem Frauchen auf und ab, aber ich ließ ihn in der Wohnung zurück, denn das erste Treffen mit Kalli wollte ich ganz ungestört genießen. Ich hatte noch schnell mein Lieblingsparfum aufgesprüht und begab mich vom 2. Stock ins Erdgeschoß. Ich schwebte dabei die Treppenstufen in freudiger Erwartung hinunter, denn nun war es endlich soweit, dass Dornröschen von ihrem Prinzen wachgeküßt wurde.

Als ich die Tür aufmachte, wurde ich von der Hitze fast erschlagen. Dann sah ich jemanden, der sich an einen uralten PKW (keine Ahnung, welche Marke) lehnte. Das konnte doch nicht Kalli sein oder etwa doch? Er sah vom Gesicht her ganz nett aus, aber dann................traf mich fast er Schlag! Er trug Boxershorts, ein T-Shirt und dazu Turnschuhe, die auch schon bessere Tage gesehen hatten und passte somit perfekt zu meinem Outfit. Wir waren ein unschlagbares Team (eine echte ”Lachnummer” – dazu ich mit den superhohen Schuhen und Kalli, der einen Kopf kleiner war als ich). Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie mein Bruder oben in der Küche vor Lachen fast aus dem Fenster fiel. Oh Gott, nun bloß die Nerven nicht verlieren Georgina! Ganz locker meinte ich also: ”Hallo Kalli, super dass du mich doch noch gefunden hast!” Dann umarmte er mich und nahm sofort meine Hand. Ich fragte ihn, ob er Lust habe zu einer Eisdiele zu laufen, die sich ganz in der Nähe befand und er stimmte zu. Nach kurzer Zeit stöhnte er jedoch bereits, dass die Hitze ihm zu schaffen mache, weil er mit dem  Laufen komplett überfordert sei und er fragte, ob wir nicht bald unser Ziel erreicht hätten. Deshalb machten wir - ihm zuliebe - an einer Bank halt, wo er sich von den schweren Strapazen erholen konnte. Oh Mann, sah er erschöpft aus – mir machte das Laufen trotz der megahohen ”Haxen” überhaupt nichts aus, denn ich war es gewohnt mich täglich sehr viel zu bewegen – im Gegensatz zu meinem Begleiter, der in den letzten Minuten um Jahre gealtert war! Als wir an der Eisdiele eintrafen, war Kalli im Gesicht ganz rot angelaufen. Es wirkte auf mich, als hätte er Probleme mit seinem Blutdruck. Zu allem Überfluss trank er noch einen Kaffe und wunderte sich, warum es ihm danach nicht besser ging. Mir war klar, dass es absolut sinnlos war dieses Treffen unter den gegebenen Umständen noch lange fortzusetzen. Deshalb schlug ich ihm vor den Heimweg anzutreten, und zwar mit der Straßenbahn. Kalli war froh, dass ich ihm nicht auch noch den Rückweg in dieser – wie er sich ausdrückte – ”Affenhitze” zu Fuß zumutete und schaute mich dankbar an. Irgendwie war er trotz allem süß, wie er mich so anlächelte. Oh nein, ich bekam sogar Herzklopfen und konnte nichts dagegen tun! Nach der Straßenbahnfahrt begleitete ich ihn noch bis zu seinem klapprigen Auto. Bei unserer Verabschiedungszeremonie meinte er, dass die Zeit viel zu schnell verstrichen sei und fragte, ob er nicht noch auf einen Kaffee mit zu mir kommen könne. Das wollte ich aber auf gar keinen Fall zulassen, denn ein Treffen zwischen Kalli und meinem Bruder musste ich um jeden Preis verhindern. Ich gab deshalb vor noch unheimlich viel zu erledigen zu haben. Wir tauschten also schließlich Wangenküsse aus und er versprach, sich nach seiner Ankunft in Mainz bei mir zu melden.

Als ich wieder in meiner Wohnung ankam, erwartete mich Falco mit den Worten ”Na wie war es denn so mit deinem schmuddeligen Bären?” Ich erwiderte: ”No comment!”, woraufhin er fast einen Lachanfall bekam. Dann meinte er, es sei doch merkwürdig, dass mein Schmusebär gerade im Auto sitze und offensichtlich eine andere Person sein Passwort benutze, weil gerade in diesem Augenblick Schmusebär online sei. Ich traute meinen Augen nicht, aber es stimmte tatsächlich. Ich schickte daraufhin Kalli sofort eine sms, um ihn auf den Missbrauch mit seinem Onlinenamen aufmerksam  zu machen, aber er antwortete mir, dass dies absolut unmöglich sei.

Nun war ich misstrauisch geworden! Wieso war es unmöglich? Kalli musste davon wissen, eine andere Erklärung gab es einfach nicht! Und dann die Sache mit dem Festnetz, die mir von Anfang an ”spanisch” vorgekommen war! Ich beschloss eiskalt Kalli einem meiner berühmt-berüchtigten Onlinetests zu unterziehen. Einen Tag später war der ”Tag der Wahrheit” gekommen und Kalli musste ”dran glauben”. Er kannte mich online als ”Georgina7777”, aber er wusste nicht, dass ich noch einen zweiten Namen verwendete, und zwar ”Princess Charline”. Ich loggte mich also als Princess ein, schickte Kalli ein sog. ”online-Telegramm” und fragte, wie sein Befinden sei. Er wunderte sich zunächst, woher ich ihn denn kenne und ich antwortete: ”Sag bloß, du hast mich schon vergessen? Das geht aber schnell bei dir! Erinnerst du dich denn nicht mehr an mich? Wir haben doch vor gar nicht so langer Zeit zusammen gechattet Kalli!” Damit hatte ich ihn aufs Glatteis geführt, denn auf einmal meinte er: ”Na klar, hallo Gedächtnis! Logo kenne ich dich. Wie geht es dir?” ”Mir geht es gut und dir?” ”Alles okay soweit, auch meiner Familie geht’s bestens. Nur der Kleine hat grad ne Grippe, aber dafür ist Svenja total gut drauf, weil Schulferien sind!” Es verschlug mir fast die Sprache!!!!! Also war er verheiratet. Deshalb also die Ausrede mit dem Vermieter  und dem Funkloch. Und nun verstand ich auch, warum er sich mit mir am Muttertag nicht treffen konnte (Er hatte mir nämlich zuerst erzählt, er müsse seine Mutter besuchen und in der Eisdiele konnte er sich nicht mehr daran erinnern, denn als ich ihn fragte, was er denn am Muttertag unternommen habe, meinte er, er sei zuhause geblieben, weil er von starken Zahnschmerzen geplagt worden sei!).

Oh Mann, wie blind ich doch gewesen war, aber bekanntlich macht Liebe ja auch blind und genau das war mir offensichtlich mit diesem Schuft, der seinem Onlinenamen überhaupt keine Ehre machte, passiert! Na warte, das wirst du mir büßen, dachte ich! Also schrieb ich ihm folgendes Telegramm: ”Hallo Kalli, hier ist nicht Princess Charline. Rate mal, mit wem du gerade chattest?” Darauf kam keine Antwort mehr (wahrscheinlich war er gerade von seinem Stuhl gefallen, dieser gewissenloser Betrüger)! Ich schrieb trotzdem in meiner Wut weiter: ”Wie konntest du mich nur so schamlos belügen und mich zur Krönung auch noch ganz unverfroren Engelchen nennen? Dabei bist du verheiratet und hast sogar noch zwei Kinder! Du bist ein ganz gemeiner Heiratsschwindler und deine Frau tut mir Leid, dass ihr Ehemann sich mit ”Münchausen” auf eine Stufe stellen kann!” Darauf er: ”Jetzt stell dich doch nicht so an Georgina. War doch ganz witzig oder etwa nicht?” Das reichte mir und darauf antwortete ich auch nicht mehr, denn auf dieses Niveau wollte ich mich nicht hinabbegeben! Ich hatte immer geglaubt, dass es nur ehrliche Männer auf dieser Welt gibt, aber nun war ich davon überzeugt, dass alle Männer Schweine sind! Mit diesem Geschlecht, von dem ich restlos bedient war, wollte ich nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun haben. Zumindest hatte ich die feste Absicht, von nun an diesen online-Typen, die offensichtlich alle durchgeknallt waren und die – wie ich es immer formulierte – wohl alle ”den Schuß nicht gehört hatten”, aus dem Weg gehen.

Und was Falco dazu meinte, werdet ihr euch vielleicht jetzt fragen? Na ja, dem war sowieso seit dem Telefonat mit Kalli klar geworden, dass dieser schmuddelhafte Bär, den man am besten als Bettvorleger benutzte, einen mittleren bis schweren Dachschaden hatte. Um mich zu ärgern, spielte er mir noch Monate später immer wieder mal so zwischendurch meine Sounddatei vor, in der ”Engelchen” ihren ”Schmusebären” ganz doll vermisst hatte. Oh Mann, ich hasste meinen Bruder und dass er immer alles besser wusste!

Liebe? ....kein Anschluss unter dieser Nummer!

Nachdem ich mich von meinen niederschmetternden online-Erfahrungen so einigermaßen erholt hatte, meinte meine jüngere, verheiratete Schwester Rosaya zu mir, ich solle mich doch von so einer einmaligen Geschichte nicht verwirren lassen. Es handele sich ganz sicher um eine absolute Ausnahme, denn sie habe mit ihren online-Kontakten bislang noch nicht solche chaotischen Erlebnisse gehabt. Sie erwähnte einen sehr netten Onlinefreund, der Tobias hieß und mit dem ich auch vor zwei Monaten schon mal kurz gechattet hatte, als ich – sozusagen testweise – unter dem Onlinenamen meiner Schwester eingeloggt war. Tobias hatte mich damals mit Rosaya verwechselt. Er war 32 und der Chat mit ihm war ganz witzig gewesen. Irgendwie hatte ich von ihm das Bild eines ”netten Jungen von nebenan” im Kopf, hatte aber überhaupt keine Ahnung, wie er aussah. Ich hatte ihm versprochen mich mit meinem eigenem Onlinenamen bei ihm zu melden, sobald es soweit war. Seine Telefonnummer hatte er mir damals auch sofort gegeben, aber ich hatte ihn vollkommen aus meinem Gedächtnis gestrichen. Na ja, irgendwann würde ich den Kontakt zu ihm wieder aufnehmen...

Rosayas Überredungskünsten war es letztendlich zu verdanken, dass ich weiter versuchte meinen Traumprinzen im ”Netz” zu finden, aber diesmal blockte ich ganz bewußt all‘ diejenigen ab, die nicht in einem Wasserzeichen geboren waren. Irgendwann erwischte ich dann im Chat von Frankfurt am Main, wo ich immer noch wohnte, einen 35jährigen Skorpion, der sich intelligenterweise ”SkorpionausFrankfurt” nannte. Mit diesem Wasserzeichen-Vertreter chattete ich danach täglich. Ganz schnell bekam ich heraus, dass er mit Vornamen Marcel hieß (hörte sich irgendwie interessant an, fand ich). Er war geschieden und hatte zwei schulpflichtige Kinder im Alter von 7 und 9 Jahren, die ihn alle zwei Wochen zuhause (er wohnte in einer abgetrennten Wohnung im 1. Stock im Hause seiner Mutter; hoffentlich war er kein Muttersöhnchen, denn wenn ich eines hasste, dann waren das unselbständige Männer, die sich von Mami die Hemden waschen und bügeln ließen und die nicht in der Lage waren sich etwas zu kochen oder ihre eigene Wohnung sauber zu halten) besuchten.

Na ja, mit Kindern hatte ich so gar keine Erfahrungen und da ich leider niemals eigene bekommen konnte, wäre es ja eigentlich ideal, wenn mein eventueller neuer Freund bereits die Vaterrolle innehätte. Falco gab zu Marcels Familienstand natürlich gleich einen seiner typischen Kommentare ab, denn er war überzeugt, dass ich mir nicht einmal in meinen kühnsten Träumen ausmalen könnte, welche Dramen sich abspielen würden, wenn die beiden Kinder ihren Daddy am Wochenende besuchen würden. Sie würden ihn dann - was man ihnen auch nicht verdenken konnte - jedesmal völlig in Beschlag nehmen und für intime Momente zu zweit sei dann keine Zeit mehr! Aber darüber wollte ich in diesem frühen online-Beziehungs-Stadium noch gar nicht nachdenken, denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich zwar sehr viele Chats mit meinem Skorpionfreund geführt, aber ansonsten war ja noch gar nichts zwischen uns passiert.

Nachdem Marcel gestern ein Foto von mir erhalten hatte, das ihm - zum Glück - gut gefallen hatte, hatte er versprochen mir am nächsten Tag ein aktuelles online-Foto von sich zu mailen. Ich konnte die Spannung kaum ertragen und platzte beinahe vor Neugier! Gestern Nacht konnte ich deshalb fast nicht einschlafen. Er hatte sich als albinoblonden (eigentlich stand ich mehr auf dunkle Haare, aber daran sollte es weiß Gott nicht scheitern!) und schlanken Typen mit braunen Augen beschrieben. Sehr groß war er nicht, nur 1,75 cm (normalerweise fuhr ich voll auf sehr große Männer ab, denn dann fühlte ich mich irgendwie beschützt, aber – wie gesagt – das sollte kein Kriterium sein, denn niemand hatte sich schließlich selbst geschaffen!). Als ich abends von der Arbeit nach Hause kam, setzte ich mich sofort an den PC. Falco stand direkt hinter mir und meinte: ”Na, konntest du dich heute überhaupt auf deinen Job konzentrieren? Ich wette, du hast die ganze Zeit gehofft, dass dieser Tag ganz schnell vorbeigeht oder etwa nicht?” Es war mir zu dumm auf diese sinnlosen Fragen zu antworten, weil mein kleverer Bruder sowieso eindeutig nachvollziehen konnte, dass die Nerven seiner Schwester so gespannt waren wie Drahtseile.

Endlich war ich im ”Netz” und sah, dass ich von Marcel eine email mit Anhang bekommen hatte. Ich lud also die Datei herunter und speicherte sie bei mir unter dem neuen Folder ”Fotos”, den Falco extra für mich kreiert hatte, ab. Nun war es also soweit: ich hatte mein allererstes online-Foto erhalten. Ich weiss nicht, ob ihr nachvollziehen könnt, wie ich mich in diesem Moment fühlte, aber irgendwie war ich total nervös. Wir hatten noch nie zusammen telefoniert. Das wollte er nun offensichtlich endlich nachholen, denn er schrieb in seiner email, dass ich ihm bitte meine Telefonnummer per mail senden solle, sofern ich den Kontakt mit ihm noch aufrecht erhalten wolle - nach dem Anblick seines Fotos...

Nun war der spannende Moment gekommen: Ich klickte die Datei an und...............Sekunden später war sie geöffnet. Beim ersten Betrachten von Marcel fiel ich nicht gerade vor Begeisterung von meinem Bürostuhl, aber ich musste zugeben, dass die Fotoqualität supergut war. Er hatte die Aufnahme offensichtlich professionell in einem Studio anfertigen lassen und nicht nur einen Automaten genutzt, wie sie auf vielen Bahnhöfen zu finden waren und auf denen man immer aussah, als sei man gerade aus dem Gefängnis entsprungen. Eigentlich war Marcel so gar nicht mein ”Typ”, denn seine Haare waren so gut wie nicht mehr vorhanden (ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wie er mal in jungen Jahren ausgesehen haben mußte) und das turnte mich irgendwie total ab. Ich streichelte nämlich meinem Freund sehr gerne zärtlich durch die Haare, am liebsten durch dunkle Locken. Ich konnte auch nichts dafür, aber es war halt so. Aber egal, er sah ansonsten sehr sympathisch aus, wirkte auf mich allerdings etwas bieder in dem blaukarierten Hemd, das er anhatte. Ich entschied jedoch ihm auf jeden Fall meine Telefonnummer zu geben.

Noch am gleichen Abend meldete Marcel sich bei mir und als ich zum ersten Mal seine Stimme hörte, war ich mehr als baff, denn sie war megaerotisch. Wir telefonierten sehr lange und in die nächsten zwei Wochen mehrmals täglich und auch jeden Abend, wobei es immer wieder zum Streit zwischen Falco und mir kam, weil er weder online gehen noch telefonieren konnte, wenn ich Marcel am Hörer hatte. Ich hatte mehr und mehr das Gefühl auf dem besten Wege zu sein mich in den Frankfurter Skorpion zu verlieben, obwohl ich gleichzeitig Angst davor hatte.

Wir beschlossen, uns am übernächsten Wochenende live kennenzulernen. Er wollte mich von zu Hause abholen. Als Falco hörte, dass ich mein 2. ”blind date” organisiert hatte, meinte er nur: ”Na ja, ich wünsche dir zwar viel Glück mit diesem Marcel, aber trotzdem muß ich dich warnen. Alle Geschiedenen haben irgendeine Macke, entweder sie kommen mit der Trennung nicht klar, weil sie verlassen wurden oder sie haben sich von ihrer Exfrau getrennt und dann massive Probleme sich wieder mit dem Single- bzw. ”Strohvater”-Leben zu identifizieren!” Ich wollte davon jedoch gar nichts hören, sondern einfach alles auf mich zukommen lassen...

Am nächsten Samstag mußte ich bis Sonntag beruflich zu einer Golfmesse nach Köln reisen und von Marcel hatte ich mich am Freitag Abend am Telefon verabschiedet. Er hatte mir dann auch noch seine Handynummer gegeben, worüber ich megafroh war, denn dann konnte ich ihn wenigstens mal zwischendurch erreichen.

Als ich am Bahnsteig in Frankfurt am Main eintraf, warteten meine Kollegin Alexa und unser Praktikant Jochen bereits geduldig auf mich: Nachdem der Zug pünktlich eingelaufen war, machten wir uns gemeinsam auf den Weg nach Köln. Vorher hatte ich noch kurz von einer Telefonzelle mit Marcel auf seinem Festnetzanschluß telefoniert, weil ich ihn morgens schon vermisst hatte. Wir hatten unsere reservierten Plätze im Nichtraucher-Großraumwagen eingenommen, obwohl Jochen Raucher war, aber die kurze Fahrtzeit würde er ja wohl aushalten! Mit gedankenverlorenem Blick saß ich schweigend auf meinem Platz und Alexa meinte zu mir: ”Oh Mann, dich hat es ja wohl voll erwischt mit diesem Marcel oder sehe ich das falsch?” ”Nein, das siehst du schon ganz richtig! Ich glaube, ich bin verliebt!”, erwiderte ich. ”Oh no, das kannst du doch überhaupt noch gar nicht wissen. Du hast diesen Typen doch noch nie gesehen. Außer einem Foto, das dir auch nicht so gut gefällt, wie du sagst, gab es doch bis jetzt noch keinerlei Tuchfühlung!” Ich erwiderte: ”Ja, ich weiß, aber man kann sich nicht immer an so einem Foto ”aufhängen” und jemandem wie Marcel muss ich auf jeden Fall eine Chance geben.” Jochen hielt sich aus der Diskussion völlig heraus. Wie er mir vor ein paar Tagen anvertraut hatte, war er mit seiner unglücklichen Liebe zu einer anderen Kollegin, die davon überhaupt nichts wußte geschweige denn im entferntesten ahnte, mehr als beschäftigt. Es handelte sich um seine Single-Chefin Amelie. Dass sich gerade Jochen so dermaßen in diese Verliebtheit hineingesteigert hatte, war für mich eigentlich kaum zu fassen, denn normalerweise war ein Anhänger von one-night-stands und vertrat das Motto ein one-night-stand sei die ideale Art und Weise der Kontaktaufnahme mit dem weiblichen Geschlecht. Am nächsten Morgen könne man sich dann getrost mit ”und tschüss!” verabschieden und brauche keinen weiteren Gedanken an die letzte Nacht-Abschnitts-Gefährtin zu verschwenden!

Die Zugfahrt ging – oh Wunder – reibungslos vonstatten, obwohl wir ansonsten nur Horrorgeschichten von unseren Freunden und Bekannten gehört hatten, die öfter mit der Bahn verreisten. Als wir kurze Zeit später auf dem Messegelände ankamen, war schon alles soweit vorbereitet und wir konnten gleich damit anfangen unsere Reiseprospekte und giveaways zu verteilen. Alexa stachelte Jochen und mich dabei immer zum Arbeiten an, um zu verhindern, dass wir uns ausruhten, denn schließlich waren wir ja nicht zu unserem Vergnügen in Köln, wie sie uns immer wieder aufs neue wissen ließ. Oh Mann, diese Alexa konnte als Nicht-Verliebte überhaupt nicht nachvollziehen, wieso Jochen und ich vor Liebeskummer fast eingingen wie die Primeln, wenn auch aus komplett unterschiedlichen Gründen!

Gegen Mittag hielt ich es einfach nicht mehr aus. Ich musste Marcels erotische Stimme hören. Es ging nicht anders! Ich sagte deshalb zu Alexa, dass ich mal kurz zum telefonieren in die Küche verschwinden müsse und sie meinte daraufhin: ”Beeil dich bitte, denn du weißt, dass wir hier nicht zum Urlaubmachen hergekommen sind!” Ich sagte: ”Na klar Alexa. Geht echt ganz schnell, versprochen!” Als ich Marcels Handynummer anwählte, kam folgende Ansage: ”Diese Rufnummer ist uns nicht bekannt. Bitte rufen Sie die Auskunft an.” Oh Mann, da musste ich mich wohl verwählt haben. Ich versuchte es nochmals. Aber wieder die gleiche Stimme mit der gleichen Information. Ich konnte es nicht fassen. Hatte Marcel mir aus Versehen eine falsche Nummer gegeben? Oder war es etwa Absicht, damit ich ihn am Wochenende nicht erreichen konnte, wenn er vielleicht mit einer anderen Frau zusammen war? Konnte ich im vertrauen? Er war ein Mann und Männer waren für mich – trotz meines fortgeschrittenen Alters - immer noch gleichzusetzen mit unbekannten Wesen von einem anderen Planeten. Ihre Gedanken waren so unergründlich wie die Meerestiefe und ihre kuriosen Verhaltensweisen und Reaktionen waren für ein Buch mit sieben Siegeln. Nicht umsonst gab es so viele Scheidungen. Marcel war ja auch einer derjenigen, die ihr Eheversprechen nicht eingehalten hatten. Ich wusste, dass seine Kinder an diesem Wochenende nicht bei ihm zuhause waren, also hatte er sozusagen ”sturmfreie Bude”. Dann hörte ich Alexas Stimme: ”Georgina, bitte komme zu uns. Wir brauchen dich hier!” Oh no, ich hatte jetzt überhaupt keine Lust mit irgendwelchen Leuten über Golf zu diskutieren, aber ich mußte wohl oder übel an den Messestand zurückkehren. Innerlich ”kochte” ich!

Wenn er sich unbeobachtet fühlte, war Jochens Blick - genau wie meiner - völlig geistesabwesend. Er dachte mit Sicherheit an Amelie und daran, dass er ihr niemals sagen konnte, was er für sie empfand. Außerdem wußten wir alle im Büro, dass Amelie sich über ihren Praktikanten Jochen sehr oft lustig machte und dem Sportstudenten meistens nicht gerade sehr interessante Aufgaben zuteilte. Wenn sie wüßte, dass sich Jochen in sie verliebt hatte, würde sich die Single-Karrierefrau höchstwahrscheinlich köstlich darüber amüsieren oder vor Wut aus dem Fenster ihrer Penthousewohnung springen. Bei ihr wußte man halt nie, wie sie reagieren würde, denn ihr Charakter war mehr als kompliziert. An ihr hatten sich schon mehrere Männer (u. a. auch unsere diversen Geschäftsführer) die ”Zähne ausgebissen”. Normalerweise wäre sie auch am Messestand gewesen, aber sie war kurzfristig verhindert, weshalb Alexa für sie eingesprungen war.

Irgendwie hatte ich auf einmal Lust bekommen, Jochen ein wenig zu ärgern, um mich von meinen eigenen, momentan hoffnungslosen Situation abzulenken. Ich wußte, dass es gemein war, aber am 1. April hatte der Kölner Fußballfanatiker mich ganz fürchterlich hereingelegt. Er hatte mich mit verstellter Stimme von extern angerufen und vorgegeben der Manager einer erfolgreichen deutschen Fußballmannschaft aus der 1. Bundesliga zu sein und sich für eine Vorreise in einem unserer Holidayclubs zu interessieren. Er hatte sich dann am Telefon meine Vorschläge zu diversen Clubs angehört, hatte aber an jedem irgend etwas auszusetzen gehabt. Zusätzlich hatte er mir sehr kniffelige Fragen gestellt und ich war voll drauf reingefallen! Damals hatte ich mir geschworen mich irgendwann dafür zu revanchieren. Nun war der richtige Augenblick gekommen! Ich wollte dem 1,95 m großen Praktikanten den Vormittag ein wenig versüßen, denn darauf würde er mehr als drei Monate nach seiner Schandtat ganz sicher nicht vorbereitet sein! Danach würde er sich ganz klein fühlen und sich wünschen, dass er sich mit Georgina niemals einen Aprilscherz erlaubt hätte.

Als an unserem Stand gerade mal für einen Moment Ruhe eingekehrt war, meinte ich zu Jochen und Alexa: ”Ratet mal, wer mich eben angerufen hat, als ich in der Küche war?” Alexa meinte: ”Wer schon, dein Marcel natürlich!” ”Nein, falsch geraten!”, erwiderte ich, ”Es war Amelie. Sie schafft es nun doch noch heute hier am Stand vorbeizukommen. Sie wird wohl am frühen Nachmittag hier eintreffen. Ihren neuen Freund Fabian bringt sie übrigens auch noch mit!” In diesem Moment verlor Jochen alle Farbe aus seinem Gesicht und sagte mit belegter Stimme: ”Amelie wird heute noch hierherkommen??? Du machst Witze Georgina!” ”Nein, Jochen, ich hatte sie eben erst am Telefon und da hat sie es mir gesagt.” Jochen fragte uns daraufhin, ob wir etwas dagegen hätten, wenn er als erster seine Pause machen würde. Wir hatten Mitleid mit dem Armen und blitzartig entschwand er auf dem Messegelände. Wahrscheinlich war auf dem Weg nach draußen, wo er sich dann mit zitternden Händen eine Zigarette nach der anderen anzünden würde. Er würde nicht in der Lage sein auch nur einen einzigen Bissen zu sich zu nehmen, denn dafür hatte ich mit meiner Bemerkung gründlichst gesorgt. Ich überlegte derweil, wie lange ich den Liebeskranken leiden lassen sollte.

Als Jochen zurückkam, meinte ich zu ihm: ”Amelie hat gerade nochmals angerufen, als du noch unterwegs warst. Die beiden werden nun doch erst heute abend in Köln ankommen. Sie läßt dir ausrichten, dass du für 20 Uhr einen Tisch in einem Restaurant deiner Wahl für fünf Personen reservieren sollst.” Er schaute mich daraufhin entgeistert an: ”Ein Restaurant? Welches denn?” ”Keine Ahnung. Denk dir was aus, du bist doch der Kölsche Jong! Aber es muß dir schon etwas besonderes einfallen, denn du weißt ja, wie Amelie drauf ist: nur das beste ist ihr gerade mal gut genug! Sie ist Porsche-Fahrerin, hat ne superschicke Wohnung im besten Viertel von Frankfurt, besitzt ein Rassepferd und ein Ferienhaus auf Mallorca. Muß ich noch mehr sagen? Wenn nicht alles 100%ig ihrem Geschmack entspricht, wird sie dir die Hölle heiß machen, deine liebe Chefin!” Jochen stand grübelnd vor mir, aber er hatte keine Zeit zum Nachdenken, denn es kamen wieder Besucher an unseren Stand, die informiert werden wollten.

Eine halbe Stunde später war die Gelegenheit gekommen, Jochen von seinen Höllenqualen zu erlösen, denn unser Stand war ausnahmsweise mal nicht von Golfinteressierten frequentiert. Ich meinte also zu ihm: ”Hey du! Das mit Amelie war ein verspäteter Aprilscherz! Sie hat mich überhaupt nicht angerufen!” ”Georgina, ich bring dich um! Sieh dich bloß vor!” Er kam auf mich zu und es hatte den Anschein, als ob er mich jeden Moment erwürgen wollte! Oh je, was hatte ich nur getan? Aber zum Glück für mich beruhigte er sich wieder und nur kurze Zeit später konnte er auch schon wieder lachen. Er verzieh mir vor allem deshalb relativ schnell, weil er mir am 1. April äußerst übel mitgespielt hatte, was ich ihm natürlich nochmals brühwarm aufs Butterbrot geschmiert hatte.

Als zwischen Jochen und mir alles geklärt war, fragte ich Alexa, die vertretungsweise die Standleitung hatte, ob ich als nächste in die Pause gehen dürfe, was sie ohne mit der Wimper zu zucken genehmigte. Ich verschwand also wieder in der Küche und versuchte nochmals Marcel per Handy zu erreichen, aber wieder wurde ich davon in Kenntnis gesetzt, dass die Nummer nicht bekannt sei. Was nun Georgina? Ich rief Falco an, denn der wusste in Notsituationen immer einen Rat. Mein Bruder meinte, eventuell sei die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass Marcel seine Handyrechnung nicht oder nicht komplett beglichen habe, denn dann würde auch eine derartige Ansage kommen. Es konnte sich dabei natürlich auch um ein Versehen der Telefongesellschaft handeln. Oder war Marcel tatsächlich in finanziellen Schwierigkeiten geraten? Eine Scheidung war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit immer teuer (Das hatte ich schon von mehreren Betroffenen im Freundes- und Bekanntenkreis mitbekommen, die alle fast am Hungertuch nagten, vor allem dann, wenn sie bei ihrer Heirat an die ewige Liebe geglaubt und deswegen keinen Ehevertrag abgeschlossen hatten!). Hatte ihn etwa seine Exfrau so dermaßen ruiniert, dass Marcel nicht mehr in der Lage war seine Telefonrechnungen zu bezahlen? Ich versuchte ihn auf Festnetz zu erreichen, um Klarheit zu bekommen. Uff, Erleichterung....denn endlich meldete er sich mit ”Hallo, hier ist Marcel!” Ich sagte: ”Endlich bist du am Telefon Marcel, ich...” Aber ich konnte nicht weiterreden, denn er meinte ”Schön, dass Sie mich angerufen haben. Leider bin ich momentan nicht persönlich erreichbar, aber über eine Nachricht nach dem Signalton würde ich mich sehr freuen. Ich melde mich dann umgehend.” Ich sagte: ”Hallo, hier ist Georgina. Schön, dass du nicht da bist!” und legte frustiert wieder auf. Oh Mann Marcel, wo warst du nur? Warst du etwa doch mit einer anderen ”beschäftigt”? Ich wusste nicht, was schlimmer wäre: Marcel finanziell am Ende oder wenn sich herauskristallisieren würde, dass auch er einer dieser Lügenbolde war, von denen ich die Nase mehr als gestrichen voll hatte.

Plötzlich hörte ich Alexas Stimme: ”Georgina, ich bin nun dran und mache meine Pause. Kommst du bitte wieder nach vorne, denn wie du sehr gut weißt kann Jochen hier nicht alleine bleiben, denn er ist schließlich nur Praktikant. Ich hoffe, ich kann mich auf dich verlassen!” Oh Mann, nun musste ich doch tatsächlich wieder an den Stand zurückkehren, dabei wollte ich gerade meine diversen Freundinnen anrufen, um mir von ihnen Ratschläge einzuholen, wie ich mich nun am geschicktesten verhalten sollte, aber ich hatte keine Wahl!

Als Alexa unseren Stand verlassen hatte, meinte ich zu Jochen, dass ich nochmals kurz telefonieren müsse. Er fragte: ”Mit deinem online-Schatz?” Ich erwiderte: ”Schön wärs, aber den erreiche ich nicht. Zuhause hat er seinen Anrufbeantworter eingeschaltet und seine Handynummer ist nicht bekannt.” Darauf Jochen: ”Was erwartetst du Georgina? Er ist ein Mann. Der wird sich schon mit irgendeiner Tussi amüsieren, während du hier vor Sehnsucht fast eingehst. Ich weiß Bescheid, denn ich habe es ja selbst lange genug so praktiziert!” Oh Gott, sollte das wirklich wahr sein? Ich mußte es herausbekommen. Ich flehte Jochen förmlich an mich kurz zu vertreten, damit ich in der Küche nochmals telefonieren konnte und er meinte: ”Was bekomme ich dafür?” ”Du Halsabschneider! Hast du denn überhaupt kein Mitleid mit deiner Kollegin, die vor lauter Liebeskummer fast durchdreht?” ”Ok, ok Georgina! Dann verschwinde schnell nach hinten, aber bleib nicht zu lange, denn wenn Alexa merkt, dass ich hier allein die Verantwortung habe, wird sie megawütend auf dich sein!”

In der Küche überlegte ich krampfhaft, wie ich es mir gelingen könnte Marcel zu erreichen. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: logo, seine Mutter wohnte im gleichen Haus wie Marcel. Ich wußte Marcels und somit auch ihren Nachnamen und kannte auch die genaue Adresse – also no problem! Ich ließ mich von der Auskunft direkt verbinden und dann hatte ich tatsächlich eine Frau am Apparat. Ich erklärte ihr, dass ich eine Bekannte von Marcel sei und ihn unbedingt erreichen müsse. Sie fragte mich, welche Handynummer ich denn von ihm bekommen habe. Als ich ihr die Nummer vorlas, meinte sie: ”Die Nummer benutzt mein Sohn doch schon lange nicht mehr. Er hat eine neue, die ich Ihnen gerne durchgeben kann!” Ich notierte mir diese und atmete erleichtert auf. Offensichtlich hatte Marcel sich nur mit den Handynummern vertan (Oder hatte er mir absichtlich nicht seine richtige gegeben?) Ich versuchte also erneut mein Glück und hatte wieder Pech, denn es kam die Ansage: ”Dieser Teilnehmer ist momentan nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt!”. Ich konnte es nicht fassen. Er hatte also entweder sein Handy bewußt ausgestellt oder befand sich gerade in einem Funkloch. Ich wartete zwei Minuten und dann versuchte ich es erneut, aber keine Chance! Dann rief Jochen: ”Georgina, bitte komm nach vorne. Dein Typ wird hier verlangt!” Ausgerechnet jetzt, dachte ich, aber es war halt nicht zu ändern: Job war Job!

Kurze Zeit später tauchte Alexa wieder auf. Ich hielt diese Ungewissheit nicht mehr länger aus. Ich mußte nochmals versuchen Marcel zu erreichen. Ich meinte deshalb also zu Alexa: ”Ich muß mal eben kurz zur Toilette, bin gleich wieder da!” ”Ok, aber mach schnell, denn nun kommen immer mehr Leute!” ”Geht klar, Alexa!” Dann raste ich im Eilschritt zur nächsten Toilette, schloß mich ein und wählte beide Nummern von Marcel, aber zu meinem Leidwesen musste ich mir immer wieder die gleichen nervtötenden Ansagen anhören. Ich rastete fast aus vor Wut!

Mit einem mulmigen Gefühl im Magen schleppte ich mich zu unserem Stand zurück und überlebte den ganzen Messerummel nur mit allergrößter Anstrengung, denn natürlich war der Kunde König und der durfte nichts von meinen persönlichen Problemen mitbekommen. Außerdem beobachtete Alexa immer mit Argusaugen, ob sie irgendeinen Fehler in meinem Verhalten entdecken konnte. Dazu wollte ich ihr natürlich nicht den geringsten Anlaß geben. Ich mußte unbedingt verhindern, dass sie in ihrem Bericht an unseren Geschäftsführer negative Kommentare wegen meines Betragen auf der Messe von sich gab. Jochen schaute mich zwischendurch immer wieder verstohlen an. Der fragte sich offensichtlich, was gerade in mir vorging.

Endlich war es 18.00 Uhr und der 1. Messetag war vorbei. Im Hotel angekommen hatte ich ca. 1 Stunde Zeit, bis ich mich mit den anderen zum Essen treffen sollte (wozu ich natürlich in Anbetracht meiner angeschlagenen seelischen Verfassung überhaupt keine Lust hatte, wie ihr euch sicherlich lebhaft vorstellen könnt). Vor dem Duschen, danach, vor dem Ankleiden und danach und vor dem Schminken und danach wählte ich immer wieder abwechselnd Marcels Handynummer und sein Festnetz an, aber es kamen immer wieder nur diese frustrierenden Ansagen. Er war einfach für niemanden erreichbar und langsam aber sicher gewann ich den Eindruck, dass er wie vom Erdboden verschluckt worden war!

Der darauffolgende Abend in einem Kölner italienischen Restaurant war nur deshalb zu ertragen, weil Jochens Freund Björn auch dabei war. Alexa wirkte auf einmal völlig verändert. Hatte sie sich etwa in den attraktiven Dänen verguckt? Es schien so zu schein, denn sie flirtete ungeniert mit ihm. Ich hatte dazu überhaupt keine Lust, obwohl Björn ein Fische-Mann war, aber ich war in Gedanken viel zu sehr mit Marcel beschäftigt. Als Jochens einfühlsamer Freund mich fragte, ob ich liiert sei, erzählte ich ihm von Marcel und von den aktuellen Erlebnissen. Er beruhigte mich und meinte, dass sich alles bestimmt aufklären würde und ich schon morgen oder sogar noch heute über alles lachen könne. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt nicht glauben, dass er damit eventuell recht haben könnte.

Gegen Mitternacht kam ich im Hotel an und versuchte wieder am Telefon mein Glück, wie ich es auch den ganzen Abend (immer wieder zwischendurch auf der Restaurant-Toilette) vergeblich getan hatte. Es war wie verhext! Nachts konnte ich kaum schlafen und wachte am nächsten Morgen ”gerädert” und mit verheulten Augen wieder auf. Ich sah aus wie ein Monster! Wie konnte ich so am Messestand erscheinen? Glücklicherweise gelang es mir mit einer exzellenten Schminktechnik mein angeschlagenes Äußeres einigermaßen wiederherzustellen. Oh je, Marcel, wie konntest du mir so etwas antun? Wo warst du bloß die ganze Nacht? Vor dem Frühstück erreichte ich ihn auch nicht und den ganzen Tag, als ich auf der Messe war, ebenfalls nicht. Wenn ich nicht so unsagbar viel zu tun gehabt hätte und mich – auch wegen Alexa – hätte zusammenreißen müssen, wäre ich in einem Tränenmeer versunken. Es war echt zum Verzweifeln! Warum passierte eigentlich immer nur mir so etwas? Ich hatte den Eindruck, als ob alles um mich herum sich gegen mich verschworen hatte. Wann würde ich endlich aus diesem Alptraum wieder aufwachen???

Um 17.00 war die Golfmesse, die wegen der hohen Besucherzahl am Sonntag sehr anstrengend gewesen war, für uns drei zuende. Alexa, die keine Ahnung vom Golfsport gehabt hatte, konnte sehr viel von unserem Golf-Profi Jochen lernen. Somit profitierte wenigstens sie von diesem Messe-Wochenende. Ich war froh, dass wir alles hinter uns hatten. Normalerweise fand ich diese Sportart megainteressant, aber ich konnte mich für gar nichts mehr begeistern, denn ich war nach wie vor nicht in der Lage gewesen Marcel zu erreichen und hatte schließlich gegen 16.00 Uhr kampflos aufgegeben.

Wir beeilten uns, denn wir mußten unseren Zug nach Frankfurt pünktlich um 18.05 erreichen. Abgehetzt saßen wir in der Straßenbahn zum Hauptbahnhof Köln, als plötzlich mein Handy piepste. Ich schaute nach, wer der Absender war. Ich konnte es kaum glauben: es war Marcel. Er hatte mir also eine SMS geschickt. Was würde drin stehen? Wollte er unsere online-Beziehung beenden? Wollte er sich entschuldigen, dass er sich nicht früher gemeldet hatte? Mit stark klopfendem Herzen schaute ich mir mutig den Inhalt der SMS an: ”Hallo Georgina! Hoffe, dir geht es gut? Komme gerade zurück. War mit meinen Freunden Michael und Stefan unterwegs. Wir hatten mal wieder unseren ”Männerabend”, an dem wir für niemanden erreichbar sind, aber ich wollte dir sofort am Messe-Ende schreiben, dass ich dich vermisst habe und mich auf unser ”blind date” am Samstag total freue. Dann kam noch eine 2. SMS, in der er sich entschuldigte, dass er mir versehentlich eine falsche Handynummer gegeben hatte, wie er von seiner Mutter erfahren hatte. Wow, nun war ich echt erleichtert (gleichzeitig fielen mir ganz viele Steine vom Herzen) und Alexa, die ich am vergangenen Wochenende total genervt hatte, meinte: ”Dem Himmel sei Lob und Dank, dass sich Marcel endlich bei dir gemeldet hat, denn dieses Affentheater, das du in den letzten zwei Tagen aufgeführt hast, hätte ich keine Sekunde länger mehr ertragen!” Oh Alexa, du wirst nie begreifen, welche Höllenqualen eine verliebte Frau erleiden kann, denn wer nicht verliebt ist, der versteht so etwas einfach nicht.

Als Alexa kurze Zeit später Jochen ”ausquetschte”, ob Björn eigentlich eine Freundin habe, mußte ich innerlich lachen. Also war die immer korrekte und zielstrebige Alexa, die ansonsten nur für ihren Job lebte, tatsächlich in der Lage, sich für das männliche Geschlecht zu interessieren. Es geschahen doch noch Zeichen und Wunder!

Ich freute mich darauf abends ganz intensiv mit Marcel, dessen erotische Stimme mich fast jedes Mal um den Verstand brachte, zu telefonieren. Wie sollte das bloß enden, wenn ich ihm am nächsten Wochenende ”in natura” begegnen würde? Würde ich dieses Treffen von ”face to face” überhaupt überleben oder würde ich vorher vor lauter Aufregung tausend Tode sterben???

In blauen Augen schwimmt man nicht

Am Montag nach der Golfmesse ging das normale Arbeitsleben im Büro für mich weiter. Gut gelaunt kam ich um 9 Uhr an meinem Arbeitsplatz an und wurde dann gleich von Alexa mit dem folgenden Spruch überfallen: ”Guten Morgen, du Phantomverliebte! Wie ist denn heute dein wertes Befinden?” ”Ich kann nicht klagen Alexa, denn es könnte nicht besser sein. Habe gestern noch sehr lange mit Marcel telefoniert und am Samstagabend lernen wir uns endlich auch persönlich kennen.” Alexa erwiderte: ” Na, da bin ich aber mal gespannt, denn ich finde ja immer noch, dass der 1. Eindruck zählt und der war bei dir – wie du berichtet hattest – ja nicht gerade sehr berauschend.” Ich hatte keine Lust schon wieder auf diesem albernen Fotothema ”herumzureiten” und meinte deshalb nur: ” Ich seh das alles nicht so verkrampft wie du, sondern geh ganz locker an mein 2. ”blind date” heran.”

Der Vormittag ging ganz schnell vorbei, weil ich – wie immer – sehr viel zu tun hatte. Ich ”hing” fast nur an meinem Telefonhörer, denn sämtliche Kunden, Reisebüroexpedienten und meine Kollegen in unseren Holidayclubs hatten immer wieder das eine oder andere (kleine oder große) Problem, das wohl nur ICH in der Lage war zu lösen – zumindest waren sie davon überzeugt. Oh Mann, manchmal könnte ich echt ”die Krise kriegen”, wie ich es immer ausdrückte! Wenn die doch mal mitdenken würden, dann könnten sie sich ca. 40 % ihrer Fragen sparen und bei ca. weiteren 40 % waren sie nur zu faul selbst im Prospekt oder im Computersystem die Antwort zu suchen.

In der Kantine traf ich Jochen wieder, der einen sehr betrübten Eindruck machte. Ich fragte ihn: ”Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?” ”Hör bloß auf Georgina! Langsam hab ich echt die Faxen dicke! Mein Vermieter macht mir echt die Hölle heiß.” Oh je, der Kölsche Jong war echt nicht zu beneiden, denn ich wußte ganz genau, worauf er anspielte. Seit dem Beginn seines Praktikums im April wohnte er bei unserem Pförtner Herrn Piepenbrink (eine echte ”Pfeife”). Amelie hatte durch den Pförtner ihres Penthouses, der zufällig der Vater unseres Pförtners war, von der Mitwohngelegenheit für Jochen erfahren. Aber das Leben mit diesem Ron mußte ein echtes Horrorszenario für Jochen sein. Amelie hatte es sicherlich ganz gut gemeint, als sie Jochen bei der Wohnungssuche helfen wollte, aber sie hatte z. B. ihrem Praktikanten die nicht ganz unwichtige Tatsache verschwiegen, dass Ron vom ”anderen Ufer” war. Als Jochen am 1. Tag vollkommen unvorbereitet in seiner neuen Bleibe eintraf und das Badezimmer besichtigte, fiel er beim Anblick der vielen Poster mit nackten Männern fast um. Er machte Ron, der eindeutige Annäherungsversuche unternahm, sofort klar, dass er nur auf Frauen stand. Von diesem Zeitpunkt an war es aus und vorbei und er wurde von ihm nach Strich und Faden tyrannisiert.

Beim Mittagessen erzählte Jochen mir und einigen anderen Kolleginnen ganz deprimiert, dass er immer noch keinen eigenen Schlüssel bekommen habe und nach wie vor spätestens um 22.00 Uhr zuhause sein müsse und das mitten im Sommer bei Biergarten-Wetter! Jeden Abend musste er das Licht im Wohnzimmer, wo er schlafen ”durfte”, schon um 22.30 Uhr ausmachen, da Ron sich ansonsten in seiner Nachtruhe gestört fühlen würde. Zum Glück fuhr Jochen jeden Freitagabend über das Wochenende nach Köln, wo er sehr viel Zeit mit seinen Freunden, vor allem mit seinem dänischen Kumpel Björn, verbrachte.

Als ich nachmittags Amelie auf dem Flur traf, sprach ich sie auf Jochens unhaltbare Situation an und sie meinte zu mir: ”Georgina, was soll ich tun? Ich kann es doch auch nicht ändern oder?” ”Doch Amelie, das kannst du, denn du hast eine riesengroße Penthouse-Wohnung, die u. a. auch über ein Gästezimmer mit eigenem Badezimmer verfügt. Gib deinem Herzen doch mal einen Ruck! Jochen ist zwar nur noch 6 Wochen bei uns, aber ich denke mal, dass er diesen Stress mit Ron echt nicht verdient hat.” Dann erwiderte Amelie: ”Ok Georgina, ich werde darüber nachdenken, versprochen!”

Abends kam Jochen kurz vor Feierabend auf mich zugestürmt, um mir zu berichten, dass Amelie ihm für die letzten Wochen seines Praktikums ihr Gästezimmer kostenlos zur Verfügung stellen würde. Das wiederum wunderte mich sehr, denn sie war doch sonst nicht so sozial eingestellt. Also fragte ich: ”Und wo ist der Haken?” ”Na ja, einen kleinen gibt es schon!”, meinte er. ”Und welchen bitteschön?” ”Ich muss dafür ab und zu mal für sie einkaufen!” Das war wirklich nur eine Kleinigkeit, da konnte man echt nicht meckern. Kompliment Amelie, da bist du ja tatsächlich mal über deinen Schatten gesprungen, dachte ich.

Nachdem ich an diesem Montag bei mir zuhause die notwendigen Hausarbeiten erledigt hatte, beschloss ich mal wieder online zu gehen (Marcel war unterwegs zu einem Geschäftsessen und hatte mir kurz vor Büroschluss mitgeteilt, dass er sich auf jeden Fall abends noch bei mir melden wolle, aber es könne sehr spät werden!). Ich meldete mich als ”Georgina7777” (Die 4 x 7 hatte Falco zu meinem Namen dazuerfunden, denn ”Georgina” ohne Zusatz war natürlich schon längst vergeben. Mir war jedoch anfänglich gar nicht klar gewesen, dass viele Leute der Meinung waren, mein Geburtstag sei am 7. Juli 1977, was bedeuten würde, dass ich knapp über 20 Jahre alt wäre!) an und dann fiel mir ein, dass ich nun endlich mal diesen Tobias, den ich durch meine Schwester Rosaya schon vor Monaten online kennengelernt hatte, in meiner sog. ”Buddyliste” eintragen sollte. Dies bedeutete, dass ich ihn, sobald er online war, sofort ”sehen” würde. Ich chattete noch ein wenig mit anderen ”Buddys” und auf einmal war Tobias ”drin”. Ich sandte ihm sofort ein Telegramm und entschuldigte mich, dass ich mich bislang nicht gemeldet hatte. Er schrieb: ”Hallo Georgina, ich dachte schon, du wärst in irgendeiner Versenkung verschwunden und angerufen haste mich auch nie!” ”Du hast ja recht Tobias, aber ich hatte deine Telefonnummer verloren und erst meine Schwester Rosaya hat mich wieder dran erinnert, dass ich mich bei dir melden wollte!” ”Ok, ich verzeih dir noch einmal, aber nur weil du es bist! Sag mal, hattest du damals eigentlich bei deiner Schwester mein Foto angeschaut, das ich ihr gemailt hatte?” ”Nein, dazu bin ich gar nicht mehr gekommen. Dann schick mir doch bitte mal eins von dir rüber!” ”Ok, wird gemacht. Warte mal. Das dauert nur einen klitzekleinen Augenblick.”

Kurze Zeit später schrieb er, dass er das Foto an mich online versandt habe und schon sah ich die message, dass  eine email für mich eingetroffen sei. Wow, das ging aber schnell! Ich war echt fasziniert von dieser ganzen Online-Technik und den Möglicheiten, die man damit hatte. Tobias schrieb: ”Ist es angekommen?” Ich antwortete: ”Ja, ich werde die mail nun öffnen!” Dann klickte ich die Datei an und ..........fiel fast tot um! DAS war Tobias?????? Das konnte doch nur ein schlechter Scherz sein! Er war ein großer, breitschultriger Typ, der auf seinem Motorrad saß, dunkle Locken hatte und die allersüßesten – türkisblauen – Augen, die ich jemals in meinem Leben gesehen hatte. Ich hatte sofort beim ersten Blick das Gefühl in diesen wahnsinnigen strahlenden türkisblauen Augen zu versinken und niemals mehr wieder aufzuwachen. Als Falco meinen Aufschrei (”Wow, ich glaub es einfach nicht!”) hörte, kam er sofort zu mir an den PC und meinte: ”Na Schwesterherz, was ist es denn diesmal? Wieder so ein Horrorfoto wie das von Marcel, der sowieso viel zu konservativ für dich ist?” ”Nein, schau mal. Das ist ein Foto von Tobias, den ich damals unter Rosayas Onlinenamen kennengelernt habe. Ist dieses Foto nicht der absolute Oberhammer?” Mein Bruder betrachtete sich Tobias in aller Ruhe und meinte dann sehr zuversichtlich: ”Ja, sicher nicht von schlechten Eltern. Mit dem kannste dich überall sehen lassen!” Oh Mann, warum hatte ich plötzlich so starkes Herzklopfen und wieso in Gottes Namen hatte ich zittrige Knie? Hatte es mich etwa so schnell erwischt? Dann fiel mir ein, dass Tobias sich bestimmt schon wunderte, weil ich mich nicht mehr online meldete, also ging ich schnell wieder in das online-Programm zurück. Dort sah ich, dass er mir ein Telegramm geschrieben hatte, worin stand: ”Georgina, was ist los? Seh ich denn so schrecklich aus, dass du nun nicht mehr mit mir chatten willst?” Ich antwortete: ”Hallo Tobias. Dein Foto ist wirklich klasse und mit deinen türkisblauen Augen hast du bestimmt schon viele Frauenherzen gebrochen, gell?” Tobias erwiderte: ”Na ja, wenn du meinst...”.

Wir chatteten noch kurz und dann fragte er, ob ich nicht auch ein Foto von mir mailen könnte. Nun kam ich in Zugzwang. Ein ganz aktuelles Foto würde ihm vielleicht gefallen, aber ein älteres, auf dem ich noch wesentlich jünger, niedlicher und – vor allem – schlanker war, wäre in seinem Falle sicher die optimale Lösung, denn er war ganz bestimmt sehr anspruchsvoll, was das Äußere anbelangte. Ich schickte also ein Foto, das vor vielen Jahren von mir aufgenommen worden und mein absolutes Lieblingsbild war. Zu der Zeit hatte ich damals gerade meinen schottischen Freund – das Herrchen von meinem Hund Jimmy – kennengelernt. Ich hatte zwar ein schlechtes Gewissen, mailte das Foto aber trotzdem rüber zu diesem absoluten Supermann. Er fragte mich sofort nach Erhalt, ob wir nicht mal telefonieren könnten. Ich gab ihm meine Nummer und sofort rief er an.

An diesem Abend redeten wir noch sehr, sehr lange. Auf einmal jedoch wurde ich von einem Piepsen auf meinem Handy unterbrochen. Es war Marcel, der mir eine SMS geschickt hatte: ”Hallo Georgina! Es ist sehr spät geworden, deshalb wünsche ich dir nun GUTE NACHT und schöne Träume. Dein Marcel” Ich schrieb kurz zurück: ”Dir auch eine angenehme Nachtruhe und süsse Träume. Deine Georgina”. Das war aber kurz und knapp von Marcel. Na ja, das war mir eigentlich ziemlich egal - ganz auf einmal, denn ich war vollkommen konzentriert auf den Gedankenaustausch mit Tobias. Wir hatten unwahrscheinlich viele Gemeinsamkeiten entdeckt: er liebte Tiere genau wie, wir träumten beide von einer Maisonnette-Wohnung und er wollte genau wie ich irgendwann auf den Seychellen heiraten. Die einzigen beiden Leidenschaften, die uns nicht verbanden, waren seine Freude am Pistolenschießen sowie sein Motorrad, das er hegte und pflegte wie seinen Augapfel. Ich hatte Angst davor auf ein Motorrad zu steigen, aber Tobias meinte, irgendwann würde ich meine Angst schon überwinden. An diesem Montagabend telefonierten wir doch tatsächlich bis 3 Uhr nachts, obwohl mein süsser Onlinefreund schon um 5 Uhr wieder aufstehen mußte.

Am nächsten Morgen kam ich total groggy im Büro an und stieß unten beim Eingang fast mit Alexa zusammen, die sich daraufhin folgenden Kommentar nicht verkneifen konnte: ”Na du! Sieht ja nicht so aus, als ob du schon fit für die Herausforderungen eines stressigen Arbeitstages bist! Darf man fragen, ob du in der letzten Nacht überhaupt ein Auge zugemacht hast? Erzähl mir nun bitte nicht, dass Marcel wieder mal telefonisch nicht erreichbar war!” ”Marcel?Wer ist Marcel?” Mehr sagte ich nicht und ließ eine mehr als verdutzte Alexa hinter mir zurück. Das hatte ihr zu denken gegeben, denn mittags sprach sie mich deshalb in der Kantine wieder an: ”Was ist denn nun passiert? Sag schon und spann mich nicht mehr länger auf die Folter!” Und Jochen meinte: ”Georgina und ihre Männergeschichten. What’s new?” Ich schaute die beiden an und überlegte, was ich ihnen erzählen sollte. Dann entschied ich mich ihnen von Tobias zu berichten und davon, dass ich schon 1971, als ich mir den Terrence Hill-Film ”My name is nobody” im Kino angeschaut hatte, davon geträumt hatte, irgendwann einmal einen Freund zu haben, der solche stahlblauen Augen hatte wie der italienische Charmeur. Die von Tobias seien allerdings noch um Klassen intensiver, erzählte ich den beiden, denn man habe das Gefühl in ihnen wie in einem tropischen Ozean zu schwimmen.

Alexas Reaktion war: ”Also nun sind es die Augen! Bei Marcel war es die Stimme. Was wird es das nächste Mal sein? Ich laß mich überraschen!” Jochen verteidigte mich mit den Worten: ”Laß sie doch in Ruhe Alexa, Georgina wird schon wissen, was sie macht und außerdem hat sie doch nichts zu verlieren. Sie ist Single und somit frei wie ein Vogel. Mit Marcel ist doch noch gar nichts passiert und warum sollte sie sich nicht mit beiden Männern hintereinander treffen? Sie kann dann entscheiden, ob sie wirklich für einen der beiden Liebe empfindet oder eben halt nur Schwärmerei und die geht dann auch ganz schnell wieder vorbei!”

In dieser Woche telefonierten Tobias und ich jeden Abend sehr lange miteinander. Mit Marcel sprach ich zwar auch am Telefon, aber immer nur abends recht kurz. Dienstags erzählte ich ihm ich sei müde, mittwochs hatte ich ganz fürchterliche Kopfschmerzen, donnerstags war ich mit einer Freundin verabredet und hatte deshalb nur kurz Zeit. Freitags hatte er dann keine Zeit und wir schrieben uns abends nur jeweils eine kurze SMS. Unser Treffen sollte aber nach wie vor am Samstagabend definitiv stattfinden.

Am Abend davor war Tobias zunächst mal zum Schießen unterwegs, aber er wollte schon gegen 23.00 Uhr wieder zurück sein und wir wollten dann noch telefonieren.Ich ließ mich überreden mit ein paar Arbeitskollegen in einen Biergarten zu gehen, denn das Wetter war einfach phantastisch. Dann kam die Überraschung: Jochen tauchte auch kurz nach 20 Uhr auf, und zwar mit Björn im Schlepptau. Alexa, die auch mitgekommen war, wurde auf einmal ganz nervös,was ich irgendwie total witzig fand, denn sonst war gerade sie durch nichts und niemanden aus der Ruhe zu bringen. Ich meinte dann zu Björn: ”Sag nur, du musst heute Abend noch nach Köln zurückfahren?” ”Um Himmels Willen Georgina, das wäre doch vollkommen verrückt! Nein, der Jochen hat mich eingeladen ihn an diesem Wochenende in Frankfurt zu besuchen!” ”Und wo ist Amelie?”, fragte ich Jochen. ”Die ist für 5 Tage nach Paris gefahren, um Freunde zu nerven und sie hat mir netterweise erlaubt Björn in meinem Gästezimmer aufzunehmen, denn genug Platz habe ich dort ja, wie du weisst!” Wow, Amelie erstaunte mich immer wieder aufs Neue. Das hätte ich echt nicht von ihr erwartet. Die Karrierefrau in Hochpotzenz hatte doch tatsächlich ein ”Herz für Praktikanten”. Nobel von ihr!

Alexa vertiefte sich ganz schnell in ein Gespräch mit Björn, denn sie wußte von Jochen, dass er zur Zeit Single war. Die beiden redeten und redeten und redeten , was mich irgendwie wieder an Tobias und mich erinnerte, denn genau so machten wir es auch, nur mit dem Unterschied, dass unsere gesamte Konversation bislang ausschließlich am Telefon stattgefunden hatte.

Als ich nach Hause gehen wollte, wollten meinen Kolleginnen und Kollegen mich zwar aufhalten, aber ich verabschiedete mich mit den vielsagenden Worten: ”Ich habe noch viel zu tun, also packe ich es auch an!”, sagte es, erhob mich und verschwand ganz schnell.

Zuhause angekommen hechtete ich zum Telefon, wobei ich von Falco nur wütende Blicke erntete und den Spruch: ”Da biste ja schon wieder. Ich dachte, dass ich wenigstens heute abend mal telefonieren könnte oder mal wieder chatten. Du hast ja die ganze Woche schon ne Monopolstellung gehabt. Das find ich echt nicht fair von dir Georgina!” ”Ok, ok Falco. Ich versteh ja, dass du auf mich sauer bist, aber heute abend MUSS ich nochmal detaillierter mit Tobias reden und morgen treffe ich mich ja eh mit Marcel und dann ist die ”Stunde der Wahrheit” gekommen!”

Tobias und ich telefonierten fast die ganze Nacht lang. Er wirkte auf mich ein wenig traurig, denn ich hatte ihm ganz ehrlich gestanden, dass ich Marcel am nächsten Abend treffen würde. Andererseits hatte er darauf bestanden, dass ich mein ”blind date” auch wirklich einhalte, denn er wollte auf gar keinen Fall, dass ich irgendwann später das Gefühl verspüren würde in meinem Leben einen Fehler gemacht zu haben. Tobias war am Samstagabend auf einer Fete im Sauerland eingeladen, aber sein Handy würde er immer in der Nähe haben, so dass ich ihn auf jeden Fall nach dem Rendezvous (oder wie immer man es nennen sollte) mit Marcel erreichen konnte.

Es war Samstagabend kurz vor 20.00 Uhr. Marcel wollte mich in ein paar Minuten abholen. Ich war zwar nervös, wußte aber gar nicht warum, denn irgendwie wollte ich ihn gar nicht mehr treffen, obwohl seine Stimme immer noch megaerotisch auf mich wirkte. Das hatte sich auch – trotz Tobias’ megasüssen Augen – nach wie vor nicht geändert. Es klingelte an der Tür und Falco wünschte mir viel Glück und Erfolg. Konnte ich ihn überhaupt ernst nehmen? Aber ich denke schon, dass er es wirklich so gemeint hat! Ich schritt langsam die Treppenstufen zum Erdgeschoß hinunter und hatte plötzlich wahnsinnige Magenkrämpfe und das Gefühl tausende von Messerstichen im Unterleib zu spüren. Ich öffnete die Haustür und davor stand ein silbergrauer Audi TT – ein Auto, das genau meinem Geschmack entsprach! Dann öffnete ich die Autotür und begrüßte den Mann, der hinter dem Steuer saß, mit den Worten: ”Hallo Marcel, schön dass du da bist!” ”Hi Georgina! Siehst echt süss aus!” Oh je, dachte ich, er sah genauso aus wie auf dem Foto, trug sogar das gleiche konservative blau-karierte Hemd. Dazu eine enge weiße Jeans, die aber überhaupt nicht sexy wirkte, da er viel zu dünn war. Ich fand nur muskulöse Männer attraktiv – nicht zuviele Muskeln sollten es sein, aber immerhin ein paar an den richtigen Stellen. Aber Marcel hatte überhaupt keine! Dazu kam noch, dass seine Haare auch in natura kaum vorhanden waren!

Wir fuhren los, er redete. Ich schloß die Augen und seine Stimme war immer noch megasexy, aber als ich die Augen wieder öffnete und ihn anschaute, war es einfach vorbei. Ich sah ihm in die Augen und da war nichts mehr, abosolut null. Und ich konnte doch nun wirklich nicht meine Augen schließen und mir einbilden alles sei in Ordnung, oder? Was sollte ich bloß tun? Ich wollte nach Hause, so schnell wie möglich, aber ich hatte auch irgendwie Hunger ohne Ende, denn vor lauter Nervösität hatte ich den ganzen Tag überhaupt nichts essen können, was meiner Figur natürlich zuträglich war.

Wo würde er mit mir hinfahren? Hatte er irgendwo einen romantischen Tisch für ein Candlelight-Dinner zu zweit organisiert? Nach einer Zeit fuhr er in eine Tiefgarage und hatte Probleme einen Parkplatz zu finden. Bis zu diesem Moment war ich eigentlich felsenfest davon überzeugt gewesen, dass nur Frauen mit derartigen Probleme zu kämpfen hatten, aber ich mußte mich an diesem Abend eines besseren belehren lassen. Schließlich meinte Marcel: ”Ich parke am besten hier auf diesem Frauenparkplatz, das ist einfacher!” Oh no, was war das bloß für ein Mann???

Dann gingen wir nach oben und befanden uns im MARITIM Sporthotel. Dort sei eine wunderschöne ”Sports Bar”, wo es auch ruhig sei, meinte Marcel. Wir betraten diese Bar und konnten kaum eintreten, weil sie vor lauter Leuten fast aus den Nähten platzte. Tolle Idee Marcel, dachte ich nur. Ist echt ruhig hier und soooooo romantisch. Das richtige für ein ”tête à tête”. Er meinte dann: ”War wohl doch nicht so eine gute Idee oder?” ”Nicht wirklich!”, antwortete ich. ”Was meinst du Georgina? Sollen wir uns einfach hier an einen Tisch ins Foyer setzen?” ”Ok, machen wir.” Nachdem er die Karte intensiv studiert hatte (ohne sie mir zu geben, denn er war ja der Mann, ich ja NUR eine Frau), sagte er: ”Ich hab eh keinen Hunger mehr, denn meine Mutti hat mir heute Abend noch eine tolle Mahlzeit gekocht mit Vor- und Nachspeise. Das hat sie echt gut drauf. Ich bin pappsatt und nehme nur einen Kaffee!” Und ich hab den Kaffe schon auf, wollte ich gerade erwidern, aber im letzten Moment biß ich mir auf die Zunge und meinte: ”Darf ich auch mal einen Blick auf die Karte werfen, denn sonst kann ich mich so schlecht entscheiden?” ”Oh, tut mir leid, Georgina. Wo war ich bloß mit meinen Gedanken?” Ich schaute mir die Karte an und bestellte mir dann einen Cappuccino mit Milchschaum, bekam aber einen mit Sahne, was mich absolut anwiderte, denn schließlich wollte ich abnehmen und dazu trug diese Kalorienbombe nun nicht gerade bei. Ich ließ den Cappuccino also zurückgehen mit dem Ausspruch: ”Aber bitte nicht mit Sahne!” ”Oh, Entschuldigung, ich hatte es falsch notiert.”, meinte die Kellnerin. Dann wartete ich ca. ¼ Stunde und konnte immer noch nicht meinen Cappuccino mit Milchschaum genießen. Entnervt meinte ich zu Marcel: ”Sag bitte mal der Bedienung Bescheid!” ”Wieso denn? Du möchtest doch nicht noch etwas essen, oder? Ich dachte du seist auf Diät!” Ich konnte es nicht fassen! Zum einen war er ein echter ”Gentleman” und zum anderen hatte er also noch nicht einmal bemerkt, dass ich die ganze Zeit ohne Getränk vor ihm saß. Das bewies mir einmal mehr, dass er ein absolut verwöhntes Muttersöhnchen war, das nur an seine eigenen Bedürfnisse dachte. Langsam aber sicher fragte ich mich, wie er seine Kinder erzogen haben würde und nun wunderte es mich auch gar nicht mehr, dass seine Ehe in die Brüche gegangen war. Ich gab eine sehr starke, plötzliche Migräne vor und bat Marcel mich so schnell wie möglich nach Hause zu fahren. Als wir wieder im Parkhaus ankamen, meinte er: ”Weißt du noch die Nummer unseres Parkplatzes?” ”Nein, du bist doch der Fahrer. Sag bloß, du weißt nicht mehr, wo du geparkt hast?” ”Nein, natürlich nicht. Ich dachte, dass du dir die Nummer gemerkt hättest!”Also irrten wir hilflos suchend durch das riesige Parkhaus, das über sehr verschachtelte Gänge verfügte und ich platzte fast vor Wut über soviel männliche Unselbständigkeit. Endlich fand Marcel sein Auto wieder und nachdem er minutenlang seinen Schlüssel gesucht hatte, stiegen wir in den flotten Sportwagen ein. Dieses Auto war das einzige, wovon ich an diesem Abend wirklich beeindruckt war! Ca. 20 Minuten danach – mittlerweile war es fast 23 Uhr – waren wir wieder bei mir zuhause eingetroffen und ich verabschiedete mich im Auto von Marcel: ”Schön, dass wir uns mal live kennengelernt haben.” Er sagte: ”Wann sehen wir uns wieder? Ich möchte dich unbedingt näher kennenlernen!” Ich antwortete: ”Ich denke mal, das ist keine so gute Idee Marcel, denn heute Abend habe ich festgestellt, dass wir nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt sind. Du brauchst eine Frau, die sich um dich und deine zwei Kinder wie eine Glucke kümmert. Ich bin dafür mehr als ungeeignet. Machs gut Marcel und toi toi toi.” Er schaute mich ganz verwirrt an: ”Schade Georgina. Du bist so eine tolle Frau, aus uns hätte doch echt etwas werden können! Aber ich muß wohl deine Ansicht akzeptieren. Man sieht sich bestimmt online mal wieder. Dir also auch alles Gute und ganz viel Erfolg!”

Er verschwand im Dunkel der angebrochenen Nacht und ich begab mich nach oben, wo Falco schon gespannt auf mich wartete: "Na Dornröschen, biste von deinem Prinzen wachgeküßt worden oder hat der Tobias doch noch ne Chance?” (Ich hatte ihm nämlich erzählt,dass Tobias mich bei nicht erfolglosem Date mit Marcel auf jeden Fall am Montagabend in Frankfurt besuchen würde, da er ab Montagnachmittag frei habe und erst am Mittwochmorgen um 6 Uhr wieder auf der Arbeit sein müsse.). ”Dieser Skorpion-Prinz hat mich nicht wachgeküßt, den habe ich gerade abgeschossen. Aber du hast recht, Tobias, übrigens Schütze und eigentlich nicht eines meiner favorisierten Sternzeichen, wird der nächste sein, den ich live treffen werde.” Falco sagte dann: ”Normalerweise sind alle guten Dinge drei und was spricht dagegen, dass dein dritter Onlinefreund nicht der ”gute” und somit der richtige Mann für dich ist? Ich hoffe nur, dass dann ab der kommenden Woche diese Dauertelefoniererei endlich mal aufhört!”

Ich schrieb Tobias folgende SMS: ”Hi Tobias. Bin wieder da. Habe Marcel in die Wüste geschickt. Freu mich auf dich am Montagabend. Meld dich mal, wenn du kannst!” Sekunden später klingelte mein Handy und ich telefonierte wieder die ganze Nacht lang mit meinem Schwarm. Auch am Sonntag meldete er sich mehrmals, aber an diesem Tag blieben wir beide ganz eisern und beendeten schon kurz vor Mitternacht unser Liebesgeflüster, denn für den nächsten Abend wollten wir schließlich beide ausgeruht sein.

Montag war also wieder Bürotag und mit strahlenden Augen traf ich vor unserem Firmensitz ein. Alexa kam auch gerade wieder – wie immer sehr geschäftig – um die Ecke geschossen, aber irgendwie trotz allem verändert. Ich sagte zu ihr: ”Na wie war dein Wochenende? Haste noch etwas mit Björn und Jochen unternommen?” ”Ja, wir drei waren sehr viel zusammen am WE, aber der Jochen hat irgendwie nicht gerafft, dass ich auch mal mit Björn alleine sein wollte. Also ist nix zwischen uns passiert. Und wie war dein ”blind date” mit Marcel?” ”Marcel ist Schnee von gestern und Tobias treffe ich heute Abend in dem italienischen Bisto ”Due Tori” im Einkaufszentrum in der City.” ”Echt? Na dann mal viel Glück mit deinem 3. Online-Treffer!”

Den ganzen Tag war ich meganervös, denn schlagartig war mir bewußt geworden, dass Tobias ein komplett anderes Bild von mir vor Augen haben mußte. Ich hatte ihm mit dem Foto total falsche Tatsachen vorgespiegelt und er würde megaenttäuscht sein. Ich würde von ihm eine Abfuhr erteilt bekommen, genau wie ich Marcel in den Wind geschossen hatte. Es gab ein schottisches Sprichwort ”god never pays his debts in money” und das bedeutete, dass man irgendwann immer alles zurückbekommen würde. Ich hatte auf einmal panische Angst. Und was es für  mich noch schlimmer machte, war mittags in der Kantine die Information einiger meiner Kolleginnen und Kollegen, dass sie beschlossen hatten an diesem Abend ebenfalls in dem gleichen Einkaufszentrum shoppen zu gehen, in dem ich mich mit Tobias zum ersten Mal treffen wollte. In Wirklichkeit wollten sie natürlich unbedingt einen Blick auf mich und meinen Onlinefreund werfen. Ich wollte sie natürlich davon abbringen, aber sie meinten, dass sie alle unbedingt heute abend noch dort einkaufen müssten. Um denen ein Schnäppchen zu schlagen, verließ ich schon 15 Minuten früher das Büro, damit ich wenigstens nicht zusammen mit dieser neugierigen Horde im EKZ eintreffen würde.

Mit der U-Bahn war ich nach 30 Minuten im Einkaufszentrum angekommen. Dort mußte ich noch die Rolltreppe hochfahren und genau oben links war das italienische Bistro. Tobias hatte mir vor fünf Minuten eine SMS geschrieben, dass er unseren Treffpunkt ohne Probleme gefunden habe und sein Motorrad unten im Parkhaus stehe. Ich zitterte wie Espenlaub, als ich nur noch ein paar Schritte von Tobias entfernt war. Dann sah ich ihn. Ich winkte ihm zu und er winkte zurück. Er sah genau so toll aus wie auf dem Foto, nur seine Augen waren in natura NOCH intensiver. Diese türkisblaue Farbe war wirklich absolut einmalig und sensationell. Ich war einem Ohnmachtsanfall nahe. Tobias meinte: ”Hi Georgi, endlich lernen wir uns mal live kennen. Na, wie fühlst du dich?” ”Ich fühle mich schlecht, denn nun siehste ja, dass ich mit dem Foto ein wenig geschummelt habe.” ”Ja, du hast recht, aber die paar Kilos zuviel, die wirste doch mit links wieder runterkriegen. Ansonsten seh ich fast keinen Unterschied, denn du hast immer noch ein sehr süßes faltenfreies Gesicht. Also mach dir da mal bloß keine Sorgen!” Uff, nun war ich aber echt erleichert. Er gab mir also doch zumindest eine Chance. Andererseits erinnerte ich mich, dass er mir vor unserem Treffen gesagt hatte, dass es bei ihm (er hatte vor mir schon ca. 10 ”blind dates” gehabt) entweder ziemlich schnell KLICK machen müsse oder aber eben halt nicht. Ich fragte mich natürlich, ob es bei ihm schon geklickt hatte. Bei mir war das außer Frage, denn ich war vollkommen ”hin und weg”! Ich bemerkte noch nicht einmal, als etwas später tatsächlich meine Kolleginnen und Kollegen die Rolltreppe hochfuhren und uns neugierig anstarrten.

Gegen 20 Uhr schloß das EKZ und Tobias fragte mich, ob ich mich denn wagen würde zusammen mit ihm auf sein Motorrad zu steigen. Ich faßte meinen ganzen Mut zusammen und meinte: ”Na klar doch. Das habe ich dir doch versprochen!” In Wirklichkeit hatte ich furchtbare Angst davor. Als er mir meinen Helm überreichte, wurde mir noch mulmiger. Er beruhigte mich jedoch und meinte, dass alles nicht so heiss gegessen wie es gekocht würde. Schöner Spruch, aber für mich relativ nutzlos, denn ich konnte meine Angst irgendwie nicht besiegen und Schweißperlen liefen mir vom Gesicht hinunter, als ich eng angeschmiegt hinter ihm saß und er den Motor startete. Langsam rollten wir aus dem Parkhaus hinaus, bogen dann links ab in einen Kreisverkehr und danach ging es direkt weiter auf die Autobahn. Ich hatte ihm die Anweisungen zur Fahrt gegeben und ich klammerte mich wie ein Äffchen (so hatte mich mein verstorbener Vater immer ganz liebevoll genannt) hinter meinen starken Motorradfreund aus Essen. Als wir bei mir vor der Wohnung ankamen, zitterte ich zwar am ganzen Leib, aber ich lebte noch. Ich war aber nicht sicher, ob ich das noch ein 2. Mal über mich bringen würde – vor allen Dingen, wenn die Fahrt dann über mehrere Stunden ging...

Als wir oben ankamen, stürzte Jimmy sogleich freudig mit dem Schwanz wedelnd auf den neuen Gast zu – so, als ob er ihn Jahre nicht mehr gesehen hatte, dabei traf er ihn an diesem Tag zum allerersten Mal. Wenn mein Hund so reagierte, fragte ich mich jedes Mal, wie und ob er mich eigentlich beschützen würde, z. B. wenn mal ein Einbrecher in meine Wohnung eindringen würde. Aber andererseits schien er einfach ein Gespür dafür zu haben, welche Menschen freundlich waren und welche nicht. Tobias hatte er also eindeutig in die Kategorie ”nett” eingestuft. Das war irgendwie beruhigend für mich.

Tobias und Falco unterhielten sich sehr angeregt und mir war sofort klar, dass die beiden sich sehr sympathisch waren. Sie hatten auch sehr viele gemeinsame Interessen. Also der 2. Volltreffer nach dem mit meinem Hund.

Als es dann auf 22 Uhr zuging, meinte Falco grinsend: ”Ach ja, das Gästebett ist im Büro bereit. Ich habe mich darum heute gekümmert.” ”Danke Falco. Tobias, komm bitte mal mit. Dann zeige ich dir dein Zimmer.” Er schaute mich mit seinen treuen Augen fragend an, als ob er sagen wollte: ”Du wirst mich doch in dieser Nacht nicht alleine lassen, oder?” Ich wollte zwar nicht, aber ich hatte meine eisernen Prinzipien, denn ich war ganz eindeutig keine Frau für einen one night stand – auch nicht, wenn er Tobias Pfahl hieß!

Ich zog mich also mit Tobias in sein Schlafgemach zurück. Er streichelte mich ganz zärtlich und küßte mich – zuerst ganz schüchtern, dann leidenschaftlich und schließlich fordernd........Dann stieß ich ihn zurück und meinte: ”Tobias, bitte nicht böse sein, aber ich bin noch nicht soweit!” ”Alles klar, Georgina. Ist schon ok. Ich akzeptiere deine Einstellung, find es irgendwie auch gut, dass du nicht so schnell zur Sache kommen willst.”

In dieser Nacht konnte ich fast nicht schlafen, denn am liebsten wäre ich aufgestanden und zu Tobias ins Bett gekrochen, aber ich blieb stark! Am nächsten Morgen mußte ich leider arbeiten, verabschiedete mich dann gegen 8.30 Uhr von Tobias und wünschte ihm eine gute Heimreise. Er meinte zu mir: ”Mal sehen, ob ich dich vermissen werde, Georgina. Dann weiß ich mehr!” Oh je, er wußte es nicht? Ich war mir schon sicher, dass ich ihn vermissen würde, als ich gerade mal die Haustür hinter mir zufallen lassen hatte. Und er mußte er erst mal darüber nachdenken? DAS schockte mich nun sehr und gab mir echt zu denken.

Vom Büro aus rief ich ihn also nochmals an, denn ich wußte, dass er erst gegen Mittag nach Essen zurückfahren würde. Ich sagte: ”Tobias, kann ich dich mal etwas fragen?” ”Aber sicher doch. Du kannst mich alles fragen, was du möchtest. Was willste wissen?” ”Ich würde gerne wissen, ob du mich etwas magst.” Darauf er: ”Für mich persönlich habe ich ein sog. 3-Stufen-System entwickelt. Die 1. Stufe ist ”ich mag dich”, die 2. ”ich hab dich lieb” und die 3. ”ich liebe dich”. Und du hast bei mir momentan bereits die 2. Stufe erreicht!” Diese Denkweise war für mich absolut nicht nachvollziehbar, denn in meiner jahrelangen Beziehung zu meinem schottischen Freund kannte ich nur ”I like you ” und ”I love you”, also nur 2 Stufen. Tobias meinte, dass er mir schon in ein paar Tagen Bescheid sagen könne, ob er mich vermisse und dann würden wir weitersehen.

Die nächsten Tagen waren irgendwie alptraummäßig für mich, denn ich hatte mich schwer in Tobias verliebt und war sicher, dass er bei mir schon die 3. Stufe erreicht hatte und er fehlte mir irgendwie ganz schrecklich. Jeden Abend fragte ich ihn, ob er mich vermissen würde und immer wieder erhielt ich die gleiche Anwort: ”Nein Georgina. Tut mir leid, ich vermisse dich noch nicht, aber lass uns doch noch abwarten.” Oh Man, ich war total deprimiert, dass ich es immer noch nicht bis zur 3. Stufe geschafft hatte...

Am darauffolgenden Wochenende war ich völlig ”am Boden”. Tobias war freitags wieder zum Schießen gefahren und danach noch mit Freunden unterwegs gewesen. Am Samstag mußte er Bekannten bei deren Umzug in Köln helfen und diese Aktion sollte bis Sonntagmittag dauern. Danach würde er noch mit seinem Motorrad unterwegs sein. Falco mochte Tobias zwar persönlich sehr gerne leiden, fand es aber trotzdem äußerst merkwürdig, dass er sich nicht noch einmal auf den Weg nach Frankfurt zu mir machte – zumindest für ein paar Stunden am Sonntagnachmittag. Stattdessen zog es es vor ohne mich in die Eifel zu fahren. War das vollkommen normal oder eher ungewöhnlich? Ich war mir nicht sicher, aber ich tendierte auch eher zu der Ansicht, die mein Bruder vertrat.

Ich versuchte meinen neuen Onlinefreund am Sonntagabend telefonisch zu erreichen, was mir nicht gelang, denn einen Anrufbeantworter hatte er nicht und über sein Handy war er nicht greifbar. Auch abends gelang es mir nicht. Da wurde ich allerdings sehr nervös, denn ich redete mir ein, dass er eventuell mit seinem Motorrad verunglückt sein könnte. Für eventuelle Notfälle hatte er mir die Telefonnummer der Firma gegeben, in der er arbeitete. Für mich war nun Alarmstufe rot und ich rief also am Montagmorgen um 7 Uhr im Sekretariat bei ihm in Essen an. Ich fragte nach Herrn Pfahl und ob er kurz zu sprechen sei. Die Dame antwortete: ”Moment bitte, ich hole ihn an den Apparat!” Dann hörte ich seine Stimme: ”Hallo Georgina, was ist denn los?” ”Das frage ich DICH!!!! Aber zum Glück geht es dir gut. Hatte mir totale Sorgen um dich gemacht. Dachte schon, dir sei etwas passiert.” ”Mir geht es bestens. War nur gestern für niemanden zu sprechen. Wollte einfach mal nicht gestört werden und hatte nach dem Motorradfahren mein Telefon ausgestöpselt und mein Handy ausgemacht.” Oh je, also war doch alles in Ordnung. Sicherheitshalber fragte ich aber nochmals nach: ”Hoffe, du bist nicht sauer, weil ich diese Notfallnummer angerufen habe? Und es ist doch alles in Ordnung zwischen dir und mir, oder?” ”Na klar, Georgina, es ist alles bestens zwischen dir und mir. Mach dir bitte keine Sorgen.”

Der Tag war gerettet. Im Büro war ich wieder bester Laune und man sah es mir förmlich an, denn Alexa bemerkte: ”Na du verliebte Prinzessin. Also heißt dein Prinz nun doch Tobias?” Ich hatte ihr von den letzten Ereignissen erzählt und meinte dann: ”Ja, es entwickelt sich ganz gut, aber in seinen Gedanken hänge ich immer noch auf der 2. Stufe herum und er vermisst mich auch immer noch nicht.” Alexa: ”Na ja, kommt Zeit, kommt Rat. Man soll auch nicht immer alles überstürzen, manchmal gibt es eben halt auch die Liebe auf den zweiten Blick.”

An diesem Abend ging ich nach längerer Zeit mal wieder online und prompt sah ich, dass Tobias auch online war. Ich schrieb ihm kein Telegramm, sondern wartete, ob er sich melden würde. Nach ca. 10 Minuten – so lange ließ er mich warten, was mich irgendwie total verunsicherte – kam dann folgende Nachricht von ihm: ”Hi Georgina. Es ist aus. Ich habe mich verliebt!” Waaaaaaaaaaaaaaaaas? In diesem Moment wünschte ich mir, in ein megatiefes Loch zu fallen, das mich für immer verschlingen sollte und aus dem ich nie wieder auftauchen wollte.

Tobias erzählte mir online irgendeine Geschichte von einem jungen Mädchen, das er an diesem Morgen in der Bäckerei getroffen und in das er sich wie vom Blitz getroffen verliebt hatte. Es hätte auf Anhieb KLICK gemacht und Susanne – so hieß die Kleine – habe sofort die 1. und 2. Stufe übersprungen und somit die 3. Stufe jetzt schon erreicht. Ich solle bitte nicht böse sein und wir könnten doch ”gute Freunde” bleiben.

GOD NEVER PAYS HIS DEBTS IN MONEY...

Ich hatte es geahnt und es war tatsächlich eingetroffen. Nun ja, das brachte mich zu der leidvollen Erkenntnis, dass man zwar in vielen (blauen) Meeren schwimmen kann, aber sehr oft auch kaltblütig ertränkt wird! Pech für Georgina und Glück für Susanne, meine Nachfolgerin!

Und was Falco dazu sagte, wollt ihr nun sicherlich wissen: Na ja, er meinte: ”Georgina, bei dir sind offensichtlich alle schlechten Dinge drei, aber es wird schon wieder, denn der nächste Onlineflirt kommt ganz bestimmt!!!”

Männer - wie Blätter am Baum

Die letzte Erfahrung mit Tobias hatte mir echt zu denken gegeben. Waren denn alle Männer nur auf das eine aus? Warum belogen sie uns Frauen bloß so oft? Die Geschichte mit dem ”sich plötzlich verliebt haben” kaufte ich Tobias einfach nicht ab, aber irgendwann würde er schon einen Denkzettel dafür bekommen, da war ich mir ganz sicher. (Zur Info für euch: Wochen später erfuhr ich von ihm, dass die Liaison mit diesem Mädchen nur ganz kurz gehalten hatte, denn sie verbrachte ihren Urlaub mit einer Freundin auf Mallorca und meldete sich einfach nicht mehr bei ihm. Ich hatte angenommen, dass die beiden noch zusammen waren, als die Geschichte schon längst beendet war. Es war ihm wohl zu peinlich gewesen mir davon sofort zu erzählen...)

Mittlerweile war mir durch meine diversen online-Erfahrungen klar geworden, dass man zum einen nicht alles glauben sollte, was die ”lieben” Männer so von sich gaben und zum anderen konnte man Liebe einfach nicht erzwingen, dessen war ich mir bewusst geworden. Auch war ich mir nicht mehr sicher, ob das Sternzeichen des Partners in spe überhaupt eine so große Rolle spielte, wie ich es bislang vermutet hatte. Deshalb chattete ich nun auch wieder mit Nicht-Wasserzeichen.

Ich hatte mir auch eine komplett andere Strategie ausgedacht: ich wollte nun mehrere Männer gleichzeitig gegeneinander ausspielen. Was die konnten, das konnte Georgina schon lange! Auswahl hatte ich genug, denn offensichtlich gab es sehr viele einsame Herzen, die online ihr Glück suchten. Ich war natürlich dabei immer auf der Hut und gab zumeist sehr ironische Kommentare ab, wie z. B. ”Hallo Frauenverwöhner, du bist also Single?” ”Na klar!”, kam dann die überzeugende Telgramm-Antwort. ”Oder ist deine Frau gerade in Kur und sind deine Kinder derweil bei den Schwiegereltern?”, meinte ich dann. Darauf bekam ich fast immer die gleiche Reaktion: ”Wie bist du denn drauf?” oder ”Wie kommst du denn darauf? Nein, ich bin wirklich Single. Wieso sollte ich dich belügen?” Auch wenn meine online-Bekanntschaften mir auf ihren Single-Status Brief und Siegel gaben, testete ich sie grundsätzlich mit meinem zweiten Onlinennamen ”Princess Charline”. Viele bestanden meinen Test, aber einige fielen durch, denn sie flirteten hemmungslos mit mir, der ”Prinzessin”, wobei sie ”Georgina” nur ein paar Minuten zuvor absolute Treue geschworen hatten. Es machte mir einen Riesenspaß die Männer damit total zu verwirren, zum Beispiel, wenn ich wusste, dass sie starke Komplexe hatten, weil sie nicht sehr groß, aber ansonsten total von sich überzeugt waren. Wenn einer dieser komplexbeladenen Chatter den Test mit der Prinzessin negativ bestanden hatte, konnte ich es mir nicht nehmen lassen, zu schreiben: ”Also weisst du, ich steh nur auf sehr große Männer. Bei denen fühle ich mich immer so beschützt. Größe verbinde ich nämlich automatisch mit Stärke und der sexuellen Ausstrahlungskraft, die ein Mann damit von sich gibt, kann ich mich kaum entziehen. Ein Treffen mit einem kleinen Mann würde mir deshalb niemals in den Sinn kommen.” DAS wirkte! Meine Chatpartner waren dann immer ”klein mit Hut” und ich konnte mir regelrecht vorstellen, wie diese ”untreuen Tomaten” am PC nach meinen Kommentaren förmlich in sich zusammensackten. Ich war mir bewusst, dass mein Verhalten sehr gemein war, aber diese schwarzen online-Schafe hatten es einfach nicht besser verdient!

Falco, der meine cleveren online-Schachzüge natürlich immer mitbekam, nahm seine männlichen Geschlechtsgenossen – trotz allem – in Schutz, denn ungefähr zwei Wochen nach meinen online-Check up-Tests meinte er zu mir: ”Georgina, du kannst nicht alle Männer über einen Kamm scheren. Es gibt mit Sicherheit auch Ausnahmen. Du musst nur den Richtigen finden!” Leichter gesagt als getan, dachte ich, aber ich gab nicht auf und lernte immer mehr ”Buddys” kennen. Ich löschte aber diejenigen wieder aus meiner online-Liste heraus, die meine Tests nicht bestanden hatten und so wuchs und schrumpfte diese Liste täglich. Das ging soweit, dass Falco irgendwann zu mir meinte: ”Sag mal Georgina, wann wirste eigentlich mal ne Tour durch die ganze Bundesrepublik machen, denn mittlerweile müsstest du doch in fast jeder Stadt jemanden online getroffen haben oder liege ich da falsch?” ” Im Prinzip ne gute Idee Falco, aber ich glaube mit dieser Tour warte ich trotzdem noch, bis ich mich dafür topfit fühle!”

Einen Monat nach dem online-Aus mit Tobi war für Jochen das Praktikum zuende gegangen. An seinem letzten Arbeitstag feierten wir mit fast allen Kolleginnen und Kollegen ganz groß seinen Abschied. Der Kölner Sportfreak gab mir an diesem Abend noch supergute Tipps, u. a. war er davon überzeugt, dass es manchmal ganz gut sei mehrere Eisen im Feuer zu haben, man dürfe dabei nur den Überblick nicht verlieren. Mit Amelie hatte er sich in den letzten Wochen supergut vertragen. Sie bedauerte wohl sehr, dass ihr Praktikant nun nicht mehr in Frankfurt sein würde, würde das aber natürlich niemals zugeben. Mittlerweile war sie ganz aktuell in einen Italiener namenes Marcello verliebt, obwohl sie kein Wort dieser Sprache beherrschte. Na ja, für gewisse Dinge, braucht man ja auch keine Worte..., aber ob das lange mit ihr und diesem heissblütigen Südländer gutgehen würde?

Alexa hatte sich übrigens in Köln mit Björn schon 2 x getroffen und ich hoffte für die beiden, dass sich zwischen ihnen vielleicht sogar eine dauerhafte Beziehung entwickeln würde. Leider musste Björn irgendwann wieder nach Dänemark zurück, um dort die Firma seines Vaters zu übernehmen. Alexa war zwar total auf ihre Karriere bei uns konzentriert, wollte aber im kommenden Winter tatsächlich Dänisch lernen. Na ja, ich drückte den beiden zwar die Daumen, aber ich wusste, dass eine Fernbeziehung, wenn beide Partner in unterschiedlichen Ländern lebten, nicht einfach zu bewältigen war. Das kannte ich aus der langjährigen Beziehung mit meinem schottischen Exfreund nur zu gut. Da musste der Wille von beiden Seiten schon sehr groß sein, damit die Liebe daran nicht zerbrach.

Nach der Abschiedsfete von Jochen am Freitagabend war ich gegen 23.00 Uhr wieder bei mir zuhause und stürzte nochmals an den PC, um abzuchecken, wer von meinen Buddys im ”Netz” anwesend war. Einige waren mittlerweile gute Kumpels geworden. Das waren meistens die, die liiert waren und die mir dann ihr Leid klagten, weil sie mit ihrer Freundin mal wieder Stress hatten oder sie waren megahappy und wollten bald mit der Auserwählten zusammenziehen. Ich sprach dann immer ernste Warnungen aus, denn ich hielt rein gar nichts von einem überstürzten Zusammenziehen – womöglich noch Aufgeben eines sicheren, guten Jobs und in eine andere Stadt ziehen, ohne sich bereits etwas besser zu kennen. Die meisten meiner online-Kumpels befolgten tatsächlich meine Ratschläge und so konnte ich mehrere Kurzschlußhandlungen verhindern, was mich irgendwie total glücklich machte.

Ich war zwar ganz gut darin andere in ihren Liebesangelegenheiten zu beraten, aber selbst brachte ich seit einem Monat nicht sehr viel zustande –vielleicht deshalb, weil ich wegen Tobias immer noch unter Schock stand. Mittlerweile war es Herbst geworden –eine Zeit, in der die Nächte bald wieder länger wurden und man morgens bei Dunkelheit das Haus verließ und abends im Dunkeln zurückkehrte. Ich hasste den Winter! Am liebsten verreiste ich in dieser kalten, ungemütlichen Jahreszeit, damit ich diesem, von mir ungeliebten Klima entfliehen konnte, aber mit wem? Ich hatte keine Lust mit einem kumpelhaften Freund wegzufahren und dann womöglich noch auf die Malediven zu fliegen und vor Frust einzugehen, weil sich dort fast ausschließlich Honeymooner und Paare befanden, die den ganzen Tag und die ganze Nacht nur eines im Sinne hatten...

An diesem Freitagabend wurde es dann aber doch plötzlich sehr interessant, denn ich unterhielt mich online gleichzeitig mit zwei neuen ”Typen”. Der eine hieß Andreas, war 35 und wohnte in Lingen, also ganz in der Nähe von meiner Schwester Rosaya und meinem jüngsten Bruder Mike (der zweite von uns vier Geschwistern, der verheiratet war und mit seiner Frau Susanna zwei Kinder hatte - Rosaya und ihr Mann Pascal hatten einen Sohn, der ein echtes Fußballtalent war und bestimmt eines Tages noch ganz groß herauskommen würde). Andreas‘ Sternzeichen war Krebs, was mich total faszinierte, denn ein Krebs-Mann war mir bis zu diesem Zeitpunkt noch nie begegnet. Er war von Beruf Lehrer und seit kurzem Single. Er war von seiner 19jährigen Exfreundin (und ehemaligen Schülerin) vor zwei Wochen verlassen worden. Ich wollte ihn trösten, aber er konterte durchaus überzeugend er sei schon über die Trennung hinweg, da er erkannt habe, dass aufgrund des großen Altersunterschiedes fast keinerlei Gemeinsamkeiten bestanden haben. Der einzige Anreiz sei der (wahnsinnig gute) Sex gewesen, aber man könne sich ja schließlich nicht 24 Stunden nur mit Liebesspielen beschäftigen. Damit musste ich ihm recht geben. Dieser Mann war anders! Endlich mal einer, der mich wieder interessierte. Genau wie ich liebte er es zu reisen und wir erzählten uns unsere (vielen) Reiseerlebnisse. Auch mehrere Fremdsprachen waren für ihn ein absolutes Muß genau wie für mich. Dieser Andreas faszinierte mich ungemein. Ob er der Richtigefür mich war?

Gleichzeitig chattete ich an diesem Abend noch mit Cain (zum Glück kann ich sehr schnell tippen, deshalb fiel es den beiden wohl nicht auf!), der in Heidelberg wohnte. Mit ihm konnte ich endlich mal wieder englisch reden, denn das hatte ich seit der Zeit mit meinem Exfreund aus Schottland sehr vermisst. Cain war ein Elektroingenieur und hatte sehr vielseitige Interessen, wie er mir glaubhaft schilderte. Er wollte mir mal irgendwann Heidelberg zeigen, wo ich noch nie gewesen war, aber wovon ich schon sehr viel Positives gehört hatte.

Mit Andreas wollte ich mich mal ”auf einen Kaffee” in Lingen treffen, wenn ich meine Geschwister demnächst besuchen würde. Sowohl Cain als auch Andreas hatte ich mein wahres Alter verschwiegen, sondern mich einige Jahre ”verjüngt”. Cain, Waage, war 33 Jahre alt. Ich sagte beiden, dass ich 35 Jahre alt wäre, aber in Wirklichkeit hatte ich die 40 bereits überschritten. Ich fühlte mich jedoch wesentlich jünger, was vielleicht auch daran lag, dass ich im Büro durchschnittlich immer mit Leuten um die 25 zu tun hatte, davon auch sehr viele Praktikantinnen und Praktikanten. Außerdem hatte ich keine Kinder und deshalb fühlte ich mich um Jahre jünger.

Als mir allerdings an diesem Abend noch ein 3., neuer online-Partner ein Telegramm sandte, schrieb ich ihm zurück: ”Sorry, ich habe nun keine Zeit für dich, denn ich chatte bereits mit 2 Leuten!” Darauf er: ”Ich bin René aus Kiel. Bitte gebe mir doch als ”Dritter im Bunde” auch noch eine Chance. Es muss ja nicht mehr heute sein, aber was hältst du von morgen Abend, z. B. nach der Tagesschau?” Na ja, ich überlegte kurz, aber warum eigentlich nicht? Wir verabredeten uns also für den Tag danach wieder online.

Nach diesem Wochenende hatte ich sehr viele Eindrücke zu verarbeiten. Ich hatte drei interessante Männer kennengelernt: den 27jährigen Studenten Réné aus Kiel, mit Sternzeichen Waage, den 33jährigen Elektroingenieur Cain aus Heidelberg, der ursprünglich aus Ghana kam und den 35jährigen Lehrer Andreas aus Lingen. Alle drei hatten mir Fotos gesandt und mit jedem von ihnen hatte ich schon telefoniert. Falco drehte bald durch! Über Réne brachte er z. B. den Spruch ”Willste viel, fahr nach Kiel!”, was ich gar nicht witzig fand. Über Andreas meinte er, dass dieser wieder – genau wie Marcel – viel zu konservativ wirkte mit seiner biederen (blonden) Frisur und seiner altmodischen Brille. Réné war seiner Meinung nach zu dick und Cain fand er zwar sehr interessant und am attraktivsten von allen (er sah aus wie ein Adonis mit seinen 1,98 m und hatte ein megasüsses Gesicht), aber er warnte mich, dass der mit Sicherheit ein absoluter Macho sein würde.

Als ich montags im Büro eintraf, begannen neue Praktikanten(innen) ihren Job bei uns. Diesmal kamen zwei zu mir: es war die Italienerin Alessa und die aus Norddeutschland stammende Caroline. Beide mochte ich auf Anhieb sehr, denn zum einen waren sie sehr sympathisch und zum anderen merkte ich, dass sie die Aufgabenbereiche sehr schnell verstanden. Sie ließen sich alles von meiner französischen Praktikantin Aziza erklären, die noch zwei Wochen in meiner Abteilung war, um dann wieder nach Frankreich zurückzukehren. Sie war, was Liebesdinge anbelangte, total ”durchgeknallt”, denn sie konnte sich auch – genau wie ich – überhaupt nicht entscheiden, was sie eigentlich wollte – nur mit dem Unterschied, dass sie meine Tochter sein konnte. In ihrem Alter war das also durchaus normal – in meinem sah das schon anders aus!

Bei Amelie fing auch ein neuer Praktikant an, der eigentlich schon Lehrer war, aber dennoch bei uns ein Praktikum absolvieren wollte. Er hieß Harald und war 31 Jahre alt. Mit ihm verstand ich mich total gut. Mittags gingen wir alle zusammen in die Kantine. Auch Alexa war wieder mit dabei, aber sie war nicht gut drauf, weil Björn ihr mitgeteilt hatte, dass er in zwei Wochen endgültig Köln verlassen müsse, um nach Dänemark zurückzukehren und es wohl keinen Zweck habe eine eventuelle Beziehung in Erwägung zu ziehen. Oh Mann, Alexa tat mir echt Leid! Ich hätte es ihr so sehr gegönnt, dass Björn ihr angeboten hätte es zumindest mit einer Fernbeziehung zu versuchen.

Während der Woche teilte ich mir abends immer meine Zeit so ein, dass ich mit allen drei Männern hintereinander Kontakt aufnehmen konnte und das klappte eigentlich ganz gut. Als ich im Büro Kaya, die Sekretärin unseres Geschäftsführers, um Rat fragte, meinte sie, dass ich am besten einen nach dem anderen live treffen sollte, um mich dann zu entscheiden. Meine Praktikantin Caroline war überzeugt, dass auch eine platonische Liebe Erfüllung bringen könne, wie sie aus eigener Erfahrung sagen konnte, aber das konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ein Leben als ”Nonne” gehörte nicht gerade zu meinen Wunschphantasien.  Harald bestärkte mich darin, dass ich mein Single-Leben in vollen Zügen genießen solle. Er tendierte natürlich dazu den Lehrerkollegen Andreas zu favorisieren. Meine italienische Praktikantin Alessa gab mir den Tipp unbedingt darauf zu achten, bei wem von den dreien ich am meisten Herzklopfen hatte, wenn wir telefonierten. Aber leider wußte ich das nicht, denn ich konnte mich nicht entscheiden, wem ich den Vorzug geben sollte. Dann beschloss ich am besten mit der Wahrheit herauszurücken, was mein Alter betraf. Derjenige oder diejenigen, die damit nicht klarkamen, würden schon von ganz alleine abspringen. Gedacht, getan! Andreas war der erste, dem ich meine Lüge beichten wollte. Mit übernervöser Stimme meinte ich zu ihm am Telefon: ”Andreas, ich muss dir noch etwas mitteilen, bevor wir uns am nächsten Wochenende in Lingen auf einen Kaffee treffen.” ”Kein Problem Georgina, du weißt doch, dass du mir alles sagen kannst. Also tu dir bitte keinen Zwang an!” Trotzdem hatte ich totale Panik, denn durch die vielen Telefonate wusste ich, dass er ein überkorrekter Mann mit eisernen Prinzipien war. Würde er mir verzeihen? Ich hoffte es so sehr! Ich packte meinen ganzen Mut zusammen und sprach es aus: ” Andreas ich habe dich belogen. Ich bin nicht 35, ich bin älter!” ”Wie alt?”, er daraufhin. ”Die 40 habe ich gerade in diesem Jahr überschritten!” Er brüllte daraufhin in den Hörer: ”Georgina, wie konntest du mich belügen? Du weißt doch, welch hohen Stellenwert Treue, Liebe und Ehrlichkeit für mich haben. DAS kann ich dir nicht verzeihen. Ich werde sofort alle Kontaktmöglichkeiten mir dir vernichten und ich erwarte, dass du mich ab sofort in Ruhe lässt!” Dann hörte ich nur noch, wie er den Hörer auf die Gabel knallte!

Wow, DAS war mehr als deutlich! Zuerst war ich geschockt, aber andererseits dachte ich mir, dass es wohl besser so war, denn Andreas hätte letztendlich – obwohl er ein Krebs war – nicht zu mir gepasst. Falco hatte also – mal wieder – recht gehabt. Er war zu korrekt, zu bieder und zu konservativ für mich!

Als Nächster war Cain an der Reihe. Als ich ihm mein Lüge gestand, brach für ihn keine Welt zusammen. Er verzieh mir sofort und meinte (auf englisch): ”Ach Georgina, das ist doch kein Problem. Diese kleine Notlüge vergebe ich dir doch gerne! Wann treffen wir uns endlich in Heidelberg, damit ich dir unser wunderschönes Schloss mit seinem interessanten Museum und dem romantischen Schlosspark zeigen kann?” Ich war mir sicher, dass ich ihn treffen wollte und erwiderte: ”Ok Cain, an diesem Samstag hätte ich Zeit. Kannst du mich vom Bahnhof abholen?” Das sei kein Problem, meinte er. Ich kümmerte mich also um die Zugfahrtdetails am kommenden Samstag.

Réné hatte ich – bewusst – noch ”außen vor” gelassen, denn der war ja noch wesentlich jünger als die anderen beiden und ich sah momentan noch keine Veranlassung ihm mein wahres Alter zu gestehen. Außerdem hatte er mir in unseren Telefonaten immer wieder klar gemacht, dass er sich zwar eine sexuelle Beziehung mit mir vorstellen könne, aber – wegen meines Alters – auf gar keinen Fall eine permanente. Irgendwie reizte Réné mich aber ungemein, also unternahm ich nichts, was eventuell eine Ende unserer online-Beziehung bedeuten könnte. Ich erzählte ihm, dass ich Cain treffen würde, weil ich ihn etwas eifersüchtig machen wollte, aber er sah das ganz locker und wünschte mir viel Spaß in Heidelberg. Das wiederum ärgerte mich maßlos!

Als ich samstags im Bahnhof von Heidelberg eintraf und aus dem Zug stieg, sah ich sofort den großen, schwarzen Mann in einem supertollen roten Seidenhemd und einer engen, schwarzen Lederhose. Das war also Cain? Wow, er war echt ein ”Bild von einem Mann” – der schönste, mit dem ich in meinem ”langen” Leben jemals ein Rendezvous gehabt hatte. Er umarmte mich sofort leidenschaftlich, gab mir zur Begrüßung zwei Wangenküsse und nahm – auf dem Weg zum Schloss – sofort meine Hand, was ich auch begeistert zuließ.

Geduldig erklärte er mir alles über Heidelberg, was den geschichtlichen Hintergrund und die aktuelle politische Situation dieser Stadt, in der er seit fast fünf Jahren lebte, betraf. Das Museum am Schloss war wunderschön und geduldig beschrieb er die dort vorhandenen Werke. Ich war fasziniert von seiner Intelligenz, seiner Schönheit und seiner Ausstrahlung. Als er mich während unseres Spaziergangs im Schlosspark fragte, ob er mich küssen dürfe, konnte ich ihm seinen Wunsch nicht abschlagen. Ich schloss die Augen und als er mich küsste, fiel ich fast ins Koma. Niemals zuvor hatte mich jemals ein Mann so geküsst wieder dieser afrikanische ”Gott”. Aber ich wollte an diesem Tag nicht mehr geschehen lassen und ließ mich von Cain abends wieder zum Bahnhof zurückbringen. Als ich im Zug Richtung Frankfurt saß, erhielt ich sofort eine SMS von ihm, worin er mir schrieb, dass er sich total in mich verliebt habe und ob er mich am kommenden WE in Frankfurt besuchen dürfe. Ich antwortete, dass ich mich darauf jetzt schon freuen würde.

Die kommende Woche im Büro verbrachte ich wie auf Wolken und ich konnte es kaum erwarten bis es endlich Freitag war. Alexa freute sich zwar für mich, aber sie warnte mich auch, dass in einer eventuellen Beziehung mit Cain zwei Welten aufeinanderprallen würden. Kaya meinte, ich solle die Zeit mit Cain einfach genießen und zunächst mal nicht an die Zukunft denken. (Zur Info für euch: Kaya wartete auch immer noch auf ihren Traummann. Ich hoffte so sehr für sie, dass sie ihn eines Tages auch tatsächlich finden würde. Leider war sie immer sehr viel unterwegs, so dass sie kaum Zeit zum suchen hatte, die Arme! Dabei sah sie so hübsch aus mit ihrer süßen lockigen, schulterlangen, blonden Frisur. Sie war knapp über 30, sehr zierlich und nicht sehr groß. Manchmal wirkte sie so zerbrechlich wie Porzellan, so dass jeder Mann den Wunsch verspürte sie beschützen zu müssen.)

Freitags kam Cain mit dem Auto zu mir und er fand den Weg ohne Probleme. Das beeindruckte Falco natürlich sehr. Als es klingelte, fing Jimmy logischerweise sofort an zu kläffen und als ich die Tür öffnete, sprang er begeistert an Cain hoch. Der machte jedoch - trotz seiner Größe - den Eindruck sofort vor Angst in sich zusammenzuschrumpfen. Er meinte: ”Oh je, du hast einen Hund?” Als er dann noch Nicky, Falcos Cockerspaniel, auf ihn zusprinten sah, war er völlig aufgelöst und sagte: ”Zwei Hunde sogar! Oh Gott, ich habe echt Angst vor Hunden, Georgina! Kannst du die beiden bitte in einem der Räume hier einsperren?”

Na ja, das war nicht gerade ein berauschender Einstieg, dachte ich, denn ein Mann, der mit meinem Hund ein Problem hatte, war eigentlich nicht optimal für mich. Aber ich wollte nicht sofort aufgeben. Mit Falco verstand sich Cain zum Glück prima. Die beiden unterhielten sich vor allen Dingen über Computertechnik, Falcos Lieblingsgebiet, über das er stundenlang philosophieren konnte.

Abends fuhren Cain und ich noch zu einem Stadtfest in Bad Homburg, wo wir noch eine ganze Zeitlang händchenhaltend im Biergarten, direkt am dortigen Schloss, verbrachten. Hier war es zwar nicht so wunderschön wie in Heidelberg, aber es gefiel Cain dort auch sehr gut.

Als wir in meine Wohnung zurückkehrten, klagte Falco über ganz schlimme, hexenschußartige Rückenschmerzen. Dies bedeutete, dass er am nächsten (Sonntag)morgen nicht seinen Nebenjob (das Austragen von Sonntagszeitungen) übernehmen konnte. Er fragte mich deshalb, ob ich netterweise für ihn einspringen könne, was mich überhaupt nicht begeisterte, sondern (um es deutlich zu formulieren) hochgradig nervte! Da Falco sich aber ansonsten auch immer um Jimmy kümmerte, wenn es nötig war, konnte ich ihm diesen Wunsch natürlich logischerweise nicht abschlagen. Also sagte ich zu. Dies hatte aber zur Folge, dass ich schon gegen 4 Uhr aufstehen musste. Inzwischen war es kurz nach Mitternacht. Es blieb also nicht mehr viel Zeit!

Ich hatte Cain sofort das Gästezimmer gezeigt und er war auch schon im Badezimmer verschwunden. Danach rief er mir zu, dass ich mich nun ins Badezimmer begeben könne, was ich auch umgehend tat. Dann betrat ich, gehüllt in einen Morgenmantel, Cains Schlafraum und fiel aus allen Wolken, denn er lag – schön wie ein griechischer Gott - ohne ein einziges Kleidungsstück auf dem Doppelbett und schaute mich erwartungsvoll an. Mir fiel fast die ”Kinnlade” herunter. Der Vergleich mit den berühmten westafrikanischen Schnitzereien aus Ebenholz hinkte hier eindeutig nicht! Als ich mich wieder einigermaßen gefasst hatte und in der Lage war zusammenhängende Sätze von mir zu geben, meinte ich: ”Cain, was machst du da?” ”Wonach sieht es denn aus Georgina? Ich bin zwar normalerweise ein starker Mann, aber in bestimmten Situationen kann ich auch mal schwach werden. Genau jetzt ist so eine Situation eingetreten!” Als ich ihn jedoch fragte, ob er denn etwas zur Verhütung dabei habe (wir hatten am Telefon nämlich ausführlich über meine diesbezüglichen Vorstellungen gesprochen!), gab er kleinlaut zu die Verhüterlis in Heidelberg vergessen zu haben. ”Also Cain, wenn das so ist, muss ich dich enttäuschen! Du kennst meine Meinung hierzu. Ich möchte nicht riskieren eventuell an Aids zu erkranken!” ”Aber Georgina, bitte! Das meinst du doch nicht ernst oder etwa doch? Dann wärst du die erste Frau, die mir widerstehen könnte!” Darauf ich: ”Na, dann trags dir doch rot in den Kalender ein!” Ich verließ das Gästezimmer und rief ihm zu: ”Also ich leg mich nun in mein Bett. Wie du gehört hast, muss ich ja morgen früh schon um 4 Uhr aufstehen, um den Nebenjob meines Bruders zu übernehmen.” Cain schaute mich daraufhin zwar ungläubig an, er hielt es aber auch nicht für nötig mir eventuell seine Hilfe beim Zeitungsjob anzubieten. Als ich gegen halb fünf das Haus verließ und bei Cain ins Zimmer schaute, wurde er kurz wach und meinte: ”Beeil dich bitte Georgina, damit wir bald etwas kuscheln können!”

Ich nahm Jimmy mit, damit er mich wenigstens zu dieser frühen Morgenstunde beim Zeitungsaustragen begleiten konnte, wenn schon Cain seelenruhig weiterschlief, was ich als eine absolute Frechheit empfand! Unterwegs musste ich an Réné denken und fragte mich, wie er sich wohl in dieser Situation verhalten hätte. Als ich gegen 9 Uhr fast wieder bei mir zuhause angekommen war, rief ich Réné von meinem Handy an und erzählte ihm die letzten Erlebnisse mit Cain. Er meinte, dass er mich NATÜRLICH bei dem Nebenjob nicht im Stich gelassen hätte und er fand es absolut unmöglich von Cain, dass der mich so ”hängen” ließ.

Als ich wieder oben in meiner Wohnung ankam, stürzte Cain aus seinem Zimmer heraus und meinte: ”Endlich bist du wieder da Georgina. Ich hatte solche Sehnsucht nach dir und ich hatte auch Kaffeedurst. Könntest du mir bitte Kaffe kochen und Brötchen im Ofen aufwärmen? Ich geh derweil schon mal duschen!”

Nach diesen Kommentaren von dem ghanaischen Schönling platzte mir endgültig der Kragen. Deshalb schrie ich ihn an, als er aus dem Badezimmer kam: ”Weißt du was Cain? Ich denke mal, dass du nun so schnell wie möglich deine ”sieben Sachen” zusammenpackst, dich in dein Auto schwingst und dich dann nie mehr hier blicken lässt! Ich werde schlafen gehen, denn ich bin hundemüde! Und Tschüss!” Dann knallte ich die Tür zu meinem Schlafzimmer zu und einige Minuten später hörte ich die Eingangstür ins Schloss fallen. Das wars also mit Cain!

Und wie es mit Réné weiterging, wollt ihr nun wissen? Na ja, ich hatte zwar nach wie vor Kontakt mit ihm, aber es war mir bewusst, dass er ”nur” auf eine Affäre mit einen reifen Frau aus war, - mehr erwartete er sich nicht. Trösten musste ich ihn fast jeden 2. Tag, wenn er mir mal wieder sein Leid klagte, da er an Potenzproblemen litt – und DAS in seinen jungen Jahren. (Als ich Falco davon erzählte, änderte er seinen Spruch über Réné ab in ”Willste nich viel, fahr nach Kiel!”). Ich brach den Kontakt zu Réné nicht ab, denn ich wusste ja nicht, ob ich irgendwann mal in Stimmung für eine Begegnung mit ihm sein würde – aus welchen Gründen auch immer. Für seinen Anti-Réné-Spruch erntete Falco noch Wochen später jedes Mal einen bitterbösen Blick von seiner männergeschädigten Schwester, obwohl man ihm seinen bissigen Kommentar noch nicht mal übel nehmen konnte.

Cain hat sich übrigens ein paar Tage nach dem unliebsamen Vorfall entschuldigt und mir 100 rote Rosen ins Büro geschickt. Dazu kam noch eine Karte mit dem Text: ”Liebe Georgina, bitte verzeihe mir, dass ich mich wie ein A...loch benommen habe! Dein Cain” Er rief noch ein paar Mal an. Ich unterhielt mich zwar mit ihm, aber die Lust auf ein weiteres Treffen war mir gründlich vergangen. Er hatte einfach zuviel in mir kaputt gemacht! Daran konnten auch die wunderschönen Blumen nichts ändern.

 

Mittlerweile war eines für mich ganz klar geworden: Es gibt soooo viele Männer auf dieser Welt und für mich sind sie wie Blätter am Baum. Irgendwann werden aus den zarten Knospen Blätter, die dem Baum seine Schönheit geben. Dann jedoch verblasst langsam das saftige Grün und die Blätter nehmen die Farbenpracht des Herbstes an. Schließlich rollen sie sich im Wechsel der Jahreszeiten zusammen und fallen zu Boden, als Humus für neues Leben. Würde ich nur Blätter finden, die noch ganz grün wären oder würde mir irgendwann ein Blatt begegnen, das sich an seiner herbstlichen Farbenpracht zusammen mit mir erfreuen könnte? Ich wünschte mir nichts sehnlicher als in nicht allzu ferner Zukunft ein solches Blatt zu finden...

Schaffhausen ist überall

Eines hatte ich nun gelernt: gleichzeitig mit mehreren Männern zu intensiv chatten, war doch nicht die optimale Lösung. Deshalb beschloss ich mich wieder auf einen einzigen Mann, mit dem ich mich dann intensiver beschäftigen wollte, zu konzentrieren. Und es ging wieder alles ganz schnell im ”online-Business”. Ich lernte den Schwaben Chris aus Karlsruhe kennen, der 35 Jahre alt und ein großer Fußballfan war. Da ich mich mit diesem Sport durchaus identifizieren konnte, hatte ich genügend Chat-Stoff. Chris‘ Foto war echt witzig, denn er hatte es mit nacktem Oberkörper und Boxershorts unter der Dusche aufnehmen lasste (Falco fragte mich natürlich sofort, wer denn die Aufnahme gemacht habe - seine Freundin oder seine Ehefrau?). Sein braungebrannter Körper war makellos und er hatte ein spitzbübisches Lächeln und wunderschöne, dunkle Haare und braune Augen. Als ich ihn online fragte, ob das wirklich ein Foto von ihm sei, schrieb er entrüstet zurück: ”Georgina, natürlich bin ICH das. Was denkst du denn bloß von mir?”Am gleichen Abend telefonierten wir zum ersten Mal miteinander, aber sein schwäbischer Dialekt war überhaupt nicht mein Fall. Trotzdem wollte ich Chris bald treffen, denn ich hatte die Lust daran verloren wochenlang auf ein Treffen mit dem Auserwählten zu warten und dann ernüchtert festzustellen, dass sich die endlose Warterei, das Dauer-Liebesgeflüster am Telefon und die sehnsuchtsvollen SMS-Worte letztendlich überhaupt nicht gelohnt hatte. Dann lieber getreu dem Motto ”lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende”. Diese Erleuchtung war mir nach meinen online-Erlebnissen gekommen.

Chris war oft in Frankfurt, da er Limousentransfers für berühmte Persönlichkeiten aus der Politik und der Wirtschaft durchführte. Als er mich jedoch nach ein paar Tagen fragte, ob wir uns samstags um 6 Uhr morgens am Frankfurter Flughafen treffen könnten, lehnte ich dann doch dankend ab, denn mein Wochenende war mir heilig und auf meinen Schönheitsschlaf konnte ich bei meinem hohen Alter nun wirklich nicht verzichten – egal, welcher Mann es auch immer war (Ok................für Pierce Brosnan wäre ich natürlich ohne mit der Wimper zu zucken auch mitten in der Nacht oder egal, wie früh oder spät es gewesen wäre, zum Flughafen - oder sogar bis ans Ende der Welt - gefahren! Er war mein absoluter Traummann, aber wie das Wort schon eindeutig ausdrückte war er ein Mann, von dem man träumte und der somit mit der Realität absolut nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hatte!).

Am Freitag Abend – eine Woche später – wollte Chris um 22 Uhr in Frankfurt sein. Mir war das eigentlich viel zu spät, aber anders konnte der Karlsruher es leider nicht einrichten. Ich stimmte also zu und freute mich auf auf unser Kennenlernen von Angesicht zu Angesicht.

Samstag Morgen würde meine Freundin Celine aus Düsseldorf eintreffen. Wir wollten dann am Wochenende gemeinsam etwas mit meiner Praktikantin Aziza unternehmen, die leider am Montag nachmittag nach Paris zurückkehren würde.

Als Alexa hörte, dass ein weiteres online-Date organisiert war, meinte sie fassungslos: ”Also Georgina, ich weiss nicht, ob das überhaupt noch irgendeinen Sinn hat. Kannst du nicht einfach versuchen auf völlig normalem Weg, z. B. über eine Kontaktanzeige, einen netten Mann in deinem Alter kennenzulernen?” Darauf ich: ”Alexa, du weisst doch genau, dass ich auf diese ”scheintoten” Typen absolut nicht stehe. Die meisten von denen haben eine Halb- oder Vollglatze, einen Bierbauch und in die Disko wollen die schon lange nicht mehr. Dann sind sie häufig noch geschieden und haben schon erwachsene Kinder und eine Exfrau, die nervt. Nein danke, darauf kann ich gerne verzichten. Dann beiß ich lieber – wie man immer so schön sagt - in den sauren Apfel und bleib allein!” Alexa verstand meine Einstellung überhaupt nicht. Sie erzählte mir, dass sie eine Kontaktanzeige geschaltet habe, woraufhin sie mit Antworten regelrecht überschüttet worden sei. Sie wisse gar nicht, wen sie zuerst treffen solle. Einer, ein Franzose namens Hubert, habe sich sehr große Mühe gegeben, denn er habe ihr sogar ein Liebesgedicht geschrieben. Er sei der Boss einer großen Kaufhauskette und sei in der Nähe von Frankfurt ansässig. Na dann konnte ich Alexa ja nur ganz herzlich die Daumen drücken, aber ich wusste ganz genau, dass sie Björn so schnell nicht vergessen konnte. Sie versuchte offensichtlich möglichst bald die Liason mit dem charmanten Dänen in ihrer Erinnerung verblassen zu lassen und das gelang ihr natürlich viel besser, wenn sie sich mit anderen Männern traf. Ich wünschte ihr zwar viel Erfolg, aber machte ihr auch klar, dass diese Art der Kontaktsuche für mich absolut nicht infrage kam und dass sie sich ihre diesbezüglichen Überredungskünste sparen könne, da sie bei mir auf Granit stoßen würden.

Als ich mit Harald über Chris sprach, gab er mir den Rat mich am besten so schnell wie möglich mit ihm zu treffen. Ich erklärte ihm, dass dies auch meine Absicht war, denn ansonsten malte man sich in seinen Gedanken das Bild eines Traumprinzen zurecht und dann platzte diese Illusion – wie ich selbst oft genug erlebt hatte - wie eine Seifenblase. Ein schnelles persönliches Kennenlernen war wesentlich effektiver und schmerzloser. Das war mir nun endgültig klar geworden! Harald meinte, dass er mir diese Denkweise gar nicht zugetraut habe, was mich wiederum sehr erstaunte. Oh je, was dachte er bloß von mir? Er musste mich ja für komplett naiv und verträumt halten. Das musste ich ändern!

Im Büro hatte ich übrigens bemerkt, dass Caroline sich mehr als normal für Harald interessierte, denn sie fragte mich so nebenbei, ob ich denn wisse, ob Harald eigentlich liiert sei. Ich wusste das zwar nicht, aber versprach ihr das herauszubekommen. Wie ich vermutet hatte, war Amelies Praktikant aus Hamburg solo. Er machte auf mich allerdings den Eindruck, als habe er sich in Alessa verguckt, denn mir fiel auf, dass er immer errötete, wenn die italienische Studentin in seiner Nähe war. Manchmal fing er dann auch sogar an zu stottern. Gestern z. B., als er sie fragte: ”Alessa, ich ich wollte dich dich fragen, ob du mal mit mir ins K..........k .......kino gehen möchtest!” Darauf die Italienerin selbstbewußt: ”Nein, ich gehe nur ganz selten ins Kino Harald und wenn dann nur zuhause in Duisburg, denn hier in Frankfurt habe ich abends dafür überhaupt keine Zeit!”.  Etwas später hörte ich, wie Alessa zu Caroline meinte: ”Also was will dieser Harald bloß von mir? Der ist doch steinalt und dann ist er auch noch ein total nordischer Typ. Dabei steh ich nur auf Italiener – am besten wenn sie wie ich in Deutschland aufgewachsen sind!” Caroline meinte daraufhin zu ihr: ”Also ich find den Harald echt total niedlich. Ich mag reifere Männer. Mit diesen Milchbubis aus meinem Semester kann ich z. B. überhaupt nichts anfangen!”

Oh Mann, hatten die Probleme diese ”jungen Dinger”. Na ja, jedem das seine, dachte ich und freute mich , dass ich Chris in ein paar Stunden treffen würde. Als ich abends zuhause ankam, meinte Falco: ”Na Schwesterherz, wie wird die Lovestory denn wohl dieses Mal enden? Wird er überhaupt den Weg zu dir finden? Und wenn ja, wird er seinem Foto ähneln? Und wenn wieder ja, wirste vielleicht live seinen schwäbischen Akzent doch erotisch finden, wenn der dir die drei berühmten Worte ins Öhrchen flüstert? Soviele Fragen und noch keine Antworten...” Ich warf dazu nur ein: ”No comment!”

Nachdem ich die Tür zum Badezimmer zugeknallt hatte, bereitete ich mich in Ruhe auf mein ”Date” vor. Ich wählte eine schwarze 7/8 Hose aus, dazu ein beiges Oberteil mit einem passenden Tuch, trug ein dezentes Make-up auf und träufelte etwas Channel No. 5 hinter meine Ohrläppchen. Nun konnte es (wieder) losgehen! Ich gestand mir ein, dass ein ”blind date”mich überhaupt nicht mehr nervös machen konnte, denn ich hatte ja zwischenzeitlich schon genug Erfahrungen damit sammeln können. Nun konnte ich auch nachvollziehen, wieso Tobias bei unserem blind date, das mein 1., aber schon sein 10. gewesen war, damals überhaupt nicht nervös gewesen war.

Kurz vor der verabredeten Zeit klingelte das Telefon und Chris war am anderen Ende. Nachdem er mich begrüßt hatte, fragte er, wie er denn den Weg zu mir finden solle, denn er habe nach derAusfahrt irgendwie die Orientierung verloren. Oh no, dachte ich. Nicht schon wieder einer dieser Männer, die mich nicht einmal finden konnten. Kleinlaut übergab ich an Falco, der dem orientierungslosen Karlsruher selbstverständlich weiterhelfen konnte. Als er den Hörer aufgelegt hatte, meinte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht: ”Na ja, dann mal viel Spaß heute Abend. Wird sicher ein interessanter ”Event” mit diesem schwäbischen Fußballfan. Mehr sag ich nicht, obwohl ich jetzt schon weiss, wie die Chris-Story ausgehen wird!” ”Dann halt den Mund Falco. Ich will es auch überhaupt nicht wissen, denn ich werde es ja sowieso in ein paar Minuten erleben!”

Ca. 15 Minuten später war es soweit: Chris war endlich an meiner Wohnung eingetroffen. Ich ging hinunter und als ich aus der Haustür herauskam, sah ich auf der Straße einen stahlblauen BMW Z3, eines meiner Lieblingssportwagen. Wow, wenn sein Besitzer auch so auf mich wirkte wie dieses Auto, dann konnte eigentlich nicht mehr viel schief gehen. Chris stieg aus und begrüßte mich mit Handschlag, ganz wie ein Gentlemann. Er trug eine beige Bundfaltenhose und ein kurzärmeliges blaues Sommerhemd, worunter sich sein Bauch abzeichnete. Von seinen Haaren war nicht mehr sehr viele vorhanden und braungebrannt war er auch nicht, sondern im Gegenteil, denn sein Gesicht und seine Arme sahen aus wie eine weißgekalkte Wand. Also in anderen Worten: die Ähnlichkeit mit dem ”Dusch-Foto” war kaum noch vorhanden! Das Foto mußte vor sehr langer Zeit aufgenommen worden sein. Trotzdem setzte ich mich zu Chris in den Wagen. Wir hatten eigentlich abgemacht zum australischen Restaurant ”Kangoroo’s” zu fahren. Als Chris jedoch den Motor startete, meinte er: ”Georgina, ich denke mal, dass es jetzt zu spät ist um noch beim Australier einzukehren. Lass uns doch einfach nur hier in der Nähe etwas trinken gehen!” Ich erwiderte darauf fassungslos:”Hier? Wo denn? Merkst du nicht, wo du bist? Hier ist absolute Einöde! Ich wohne zwar nur ½ Stunde von der Metropole Frankfurt am Main entfernt, aber ich wohne in einem Dorf, das irgendwann in Frankfurt eingemeindet wurde. Hier gibt es nur eine Apotheke, einen Bäcker, eine Sparkasse und einen Kiosk!” Darauf er: ”Ok, dann suchen wir halt etwas.” Dann fiel mir ein, dass sich in ca. 10minütiger Entfernung (mit dem Auto) ein kleines Hotel-Restaurant befand, das mir bei der Vertretung von Falcos Nebenjob aufgefallen war. Ich erklärte Chris also den Weg, jedoch kam auf einmal eine Umleitung, der Chris logischerweise nachfuhr. Dann bog er jedoch ganz plötzlich rechts ab und wir befanden uns mitten im Wald. ”Was soll das denn jetzt Chris? Wieso bist du hier abgefahren? Hier ist bestimmt keine Kneipe oder so!” ”Ich weiss, aber hier ist ganz viel Einsamkeit Georgina. Hier stört uns ganz sicher niemand!” Dann schnallte er sich ab, ich mich auch und dann rannte ich aus dem Auto. Er hechtete ebenfalls nach draußen. Dann brüllte ich ihn an: ”Entweder du bringst mich jetzt sofort wieder nach Hause oder es passiert was!!!”Ich sagte das so bestimmt und mit so ernsthafter Stimme, das er beschwichtigend von sich gab: ”Tut mir Leid Georgina! Ich wollte doch nur etwas mit dir alleine sein. Du bist irgendwie total süss und ich wollte einfach hier im Auto etwas mit dir kuscheln.” ”Sag mal Chris, hast du einen Knall oder bist du immer so drauf? Egal, ich will es gar nicht mehr wissen, ich weiss nur noch eins: ICH WILL HIER WEG!” 10 Minuten später waren wir wieder vor meiner Wohnung angekommen. Ich stieg wutentbrannt aus seinem Auto aus, warf ihm noch einen vernichtenden Blick zu und dann raste ich zu meiner Wohnungstür.

Oben angekommen sprachen Falcos Blicke Bände: ”Hallo Georgina. Na das ging ja noch schneller, als ich gedacht hatte. Ich hatte dich eigentlich erst gegen Mitternacht alleine zurückerwartet. Was ist passiert? Ist er etwa zudringlich geworden, dein Karlsruher Limousinenchauffeur?” ”Ja, das ist er. Aber es ist ja nochmal gutgegangen!” Darauf Falco: ”Ja, dieses Mal haste nochmal Schwein gehabt, aber irgendwann wirste einem Psychopathen in die Hände fallen! Ich habe dich doch schon oft genug gewarnt, dass du nicht zu wildfremden Männern ins Auto steigen sollst!”, sagte Falco mit tadelndem Unterton und schlug dann vor: ”Treffe deine online-Prinzen an einem neutralen Ort, wie z. B. einem Restaurant, einem Bistro oder einem Museum.” Zerkrnischt musste ich zugeben, dass mein Bruder tatsächlich – mal wieder – recht hatte: ich musste lebensmüde gewesen sein! Das hätte ganz böse ins Auge gehen können. Ich kannte Chris nur online und vom Telefon. Ich wusste nicht, ob ein Wort von dem stimmte, was er mir erzählt hatte. Es könnten von A – Z alles Lügen gewesen sein. Ich wollte es nie mehr erfahren und eines war so sicher wie das Amen in der Kirche: ich würde auf jeden Fall den Kontakt zu diesem durchgeknallten Karlsruher Möchtegerncasanova sofort abbrechen!

In der darauffolgenden Nacht wachte ich mehrmals schweißgebadet auf, denn ich hatte immer wieder Alpträume von mehreren Männern, die mich im Wald verfolgten und vor denen ich davon rannte. Ich rannte und rannte und rannte. Die Männer ähnlten irgendwie Chris, Kalli, Tobias, Cain, Andreas, Réné und Marcel. Chris schrie: ”Georgina, ich bin ein Gentleman, ich bin ganz anders als du denkst. Bitte verzeih mir!” Der Kalli-Typ rief mir hinterher: ”Warte doch auf mich Engelchen. Ich kann doch nicht so schnell laufen. Ich habe meine Frau und meine beiden Kinder verlassen. Du bist die einzige, die ich will!” Der Cain-Typ meinte: ”Georgina, renn doch nicht so. Ich helfe dir auch nächstes Mal beim Zeitungsaustragen. Bitte bleib stehen!” Marcel meinte: ”Meine Mutter ist ausgezogen. Wir haben das ganze Haus für uns alleine. Ich werde von nun an für uns beide kochen. Freust du dich?” Andreas schrie mir hinterher: ”Mein Schatz, ich will nur dich. Ich verzeihe dir, auch wenn du gelogen hast. Ich habe dich so sehr vermisst!” Réné brüllte: ”Georgina, ich will nicht nur eine stürmische Äffäre mit einer reifen Frau. Ich möchte eine permanente Beziehung mit dir. Bitte sag, dass du das auch willst!” Und Tobias rief: ”Zaubermaus, du hast die 3. Stufe nun endlich erreicht: ich liebe dich und nur dich! Ich habe die Tickets für unsere Reise auf die Seychellen!” (Zaubermaus - so hatte er mich immer liebevoll genannt und dieses süße Kosewort verfolgte mich nun sogar noch im Traum!) Oh je, wo sollte das nur noch alles hinführen, dachte ich, als ich am Samstag Morgen unter einer eiskalten Dusche stand...

Gegen 11 Uhr fuhr ich zum Bahnhof. Dort traf ich mich mit Aziza und dann warteten wir auf Celine, meine Freundin aus Düsseldorf. Zum Glück kam der Zug pünktlich an und wir machten zunächst einmal einen Stadtbummel. Dann wollte Celine unbedingt meinen Bruder kennenlernen – als ob es nicht wichtigere Dinge im Leben gab. Oh Mann, was musste ich denn noch alles mitmachen? Notgedrungen willigte ich ein und wir fuhren also zu mir nach Hause. Falco saß am PC und chattete gerade, aber bereitwillig überließ er uns seinen Platz, als Celine ihn ganz lieb darum bat, denn sie hatte noch niemals zuvor gechattet. Ich warnte sie, denn ich hatte ihr ja meine online-Reinfälle immer brühwarm erzählt, denn wofür hatte man schließlich eine beste Freundin...

Celine hatte ganz schnell Kontakt gefunden und es dauerte nicht lange, bis sie einen gewissen ”Mr. Revival” kennenlernte, der in Bad Homburg wohnte, also ganz in der Nähe von Frankfurt. Er fragte sie, ob sie abends in der City sei und sie bejahte. Sie fragte uns, ob sie sich – aus Spaß – einfach mit ihm verabreden solle. Aziza und ich überlegten kurz und schlugen ihr dann vor zunächst zusammen mit uns gegen 20.00 Uhr im französischen Restaurant ”Marcel” zu essen und anschließend um 22.00 Uhr in das Bistro ”Glasperle” zu gehen, das ganz in der Nähe war. Celine verabredete sich also für 22.00 Uhr in der Glasperle, zufälligerweise sogar Roberts Stammlokal. Da die beiden keine Fotos austauschen konnten, hatten sie sich gegenseitig beschrieben.

Der Hammer war allerdings, dass ich Mr.Universum schon online kannte, denn er gehörte zu meinen online-Kumpeln, die mich bislang aber als eventuelle blind date-Partner überhaupt nicht interessiert hatten. Er wusste, dass ich – Georgina – eine Freundin von Celine war, denn das hatten wir ihm online erklärt. Er war auch darüber informiert, dass wir an diesem Abend zu dritt unterwegs waren. Er war also sehr mutig sich mit drei Frauen zu treffen, obwohl er nur natürlich mit einer ein ”date” hatte. Celine war ”hin und weg” von diesem Robert, der ihr noch – sicherheitshalber – seine Handynummer gegeben hatte. Er sah angeblich aus wie Bruce Willis und war deshalb überhaupt nicht mein Fall, aber jedem das seine.

Bei Marcel haben wir dann sehr edel und ”in style” diniert und haben es uns richtig gut gehen lassen, denn schließlich war es auch eine Art Abschieds-Abend für die 19jährige Französin , da sie am Montag Nachmittag wieder nach Paris zurückfahren musste. Sie war zwei Monate bei mir als Praktikantin tätig gewesen und wir alle würden sie sehr vermissen, denn sie hatte uns im Büro immer total aufgeheitert mit ihrer lustigen Art.

Kurz vor 22.00 Uhr verließen wir das französische Restaurant und schlenderten ganz gemütlich zur ”Glasperle”. Wir bestellten uns unsere Lieblingscocktails (man gönnt sich ja sonst nichts...) und warteten geduldig auf den ”revival man”. So gegen 22.10 Uhr betrat ein Mann das Bistro, dessen Beschreibung genau auf Robert passte: er trug eine dunkelgraue Bundfaltenhose, ein schwarzes, langärmeliges Seidenhemd und einen grauen Blazer. Das MUSSTE Robert sein! Es war kein Zweifel möglich. Wir waren uns alle drei einig.

Erwartungsvoll saßen wir an unserem Tisch. Robert schaute sich um, sah uns, aber er reagierte nicht. Was war bloß los? Wieso kam er nicht zu uns herüber? Celine meinte zu mir: ”Georgina, geh bitte mal nach daußen und ruf ihn auf seinem Handy an. Ich gebe dir die Nummer. Dann beobachten wir, ob er ran geht!” ”Ok, das machen wir!” Ich verschwand nach draußen und wählte Robert an. Er meldete sich mit: ”Hallo!” Ich sagte: ”Sorry, falsch verbunden!”, und legte wieder auf. Als ich wieder in das Lokal kam, fragte ich die beiden, ob sein Handy geklingelt habe, was sie bejahten.

Was also sollte das bedeuten? Hatte er vielleicht Panik bekommen ganz auf einmal, als er uns ”drei Grazien” (Celine, eine sehr attraktive 35jährige Blondine, Aziza, eine sehr junge französische ”Belle” und Georgina, eine rothaarige, vollbusige und vollschlanke Frau) gesehen hatte? Aber wir hatten doch von Anfang an gesagt, dass wir Celine begleiten würden. Ich ließ meine Gedanken kreisen und dann meinte ich zu Celine: ”Ich werde nun mal zu ihm rübergehen!” ”Oh Mann, das traust du dir zu?”, meinte Celine. Ich ging also zu dem Mann, den wir alle für Robert hielten und meinte: ”Hallo Robert. Ich bin Georgina.” Darauf der Mann: ”Ich heiße nicht Robert. Sie müssen mich verwechseln!” ”Oh, tut mir Leid. Ich dachte....” ”Ist schon in Ordnung! Kann ja mal vorkommen!”, sagte er mit beruhigender Stimme.

Völlig verwirrt ging ich wieder zu den anderen zurück und erklärte ihnen, was passiert war. Wir verstanden alle drei nur noch ”Bahnhof”. Kurz darauf verschwand der geheimnisvolle Mann und wir verstanden die Welt nicht mehr. Dann kam ich auf die glorreiche Idee den Wirt zu befragen. Ich meinte also zu ihm: ”Entschuldigen Sie bitte, der Mann, der grad noch an der Theke stand, das war doch der Robert oder?” ”Na klar, der ist jedes Wochenende hier. Der ist einer unserer Stammgäste, der extra aus Bad Homburg anreist!” Also mal wieder einer dieser Lügenbolde! Gab es eigentlich keine ehrlichen Männer in der online-Welt?

Ich überlegte, wie lange Robert wohl bis zu seinem Wohnort brauchen würde, gesetzt den Fall, er würde überhaupt sofort nach Hause fahren, was nicht klar war. Ich schätzte, dass der Rückweg ca. 20 Minuten dauern würde. Dann rief ich ihn – diesmal von Azizas Handy aus – nochmals an. Er meldete sich wieder mit: ”Hallo!” ”Hi Robert, hier ist Georgina! Wo bleibst du denn? Wir warten schon auf dich!” ”Tut mir echt Leid Georgina, aber ich habe bis gerade einen so spannenden Film angeschaut, dass ich es das Treffen mit Celine total ”verpennt” habe. Grüße bitte deine Freundin ganz lieb von mir. Vielleicht können wir uns ja ein anderes Mal treffen, wenn sie wieder in Frankfurt ist!” ”Robert, erzähl doch nicht so einen Quatsch! Du warst doch eben  noch in der Glasperle. Ich habe dich doch sogar angesprochen! Warum hast du dich denn nicht zu erkennen gegeben?” ”Georgina, ich schwöre dir, ich war heute noch nicht in der Glasperle. Warum sollte ich dich belügen?” Darauf ich: ”Ok Robert, wenn du meinst....”, und dann beendete ich das Telefonat. Ich hakte es ab unter ”ferner liefen” und ”noch ein Reinfall” – nur dieses Mal war wenigstens nicht ich betroffen. Aber für meine Freundin tat es mir total Leid – obwohl sie es verkfraften würde, denn immerhin war sie verheiratet, was sie allerdings Robert wohlweißlich verschwiegen hatte. Ich gab ihr den gutgemeinten Rat sich auf ihren Mann Bodo zu freuen, der sie Sonntag Abend vom Bahnhof in Düsseldorf abholen würde. Darauf sie: ”Na ja, du hast ja echt recht. Bodo ist so verdammt lieb und vor allem ist er absolut treu. In unserer 10jährigen Ehe hat er mich noch niemals betrogen. Ich bin nun doch ganz froh, dass Mr. Revival zu feige war, denn dann bin ich wenigstens nicht in Versuchung geführt worden, denn dieser Robert wäre für mich echt eine Sünde wert gewesen und wie hätte ich dann meinem Bodo jemals wieder in die Augen blicken können?” ”Sag mal Celine, was macht Bodo denn eigentlich heute Abend?”, fragte ich neugierig. ”Der ist geschäftlich in Hamburg unterwegs!” ”Auch am Wochenende?”, erwiderte ich. ”Ja, das kommt in letzter Zeit ziemlich häufig vor. Er ist echt sehr beschäftigt und er muß ganz oft am Wochenende in Hamburg arbeiten.” Oh je, ob meine Freundin die Geschichte, die Bodo ihr aufgetischt hatte, allen Ernstes glaubte? Sie war doch sonst nicht so blauäugig. Da roch ich aber ganz gewaltig Lunte, aber ich wollte sie nicht verunsichern, denn sie sollte (zunächst mal) den Glauben an die Menschheit nicht verlieren – es reichte, wenn ihre Freundin Georgina den Glauben an die online-Männer langsam aber sicher verloren hatte!

Am nächsten Tag verbrachten wir noch viel Zeit mit Reden und Celine bestärkte mich darin bei der Suche nach meinem Märchenprinzen – trotz der unzähligen Reinfälle – nicht aufzugeben, denn irgendwann würde schon der Mann kommen, mit dem ich dann den Rest meines Lebens verbringen wollte. Aber wie lange würde das noch dauern? Und was würde ich bloß tun, wenn ich ihn niemals finden würde und darüber alt und grau würde??? Natürlich konnte mir niemand diese beiden, für mich lebenswichtigen Fragen beantworten...

Montagmorgens war ich vollkommen übermüdet, denn viel Schlaf hatte ich am vergangenen Wochenende nicht bekommen, aber die Arbeit rief und pflichtbewußt erschien ich auch pünktlich um 9 Uhr an meinem Arbeitsplatz. Alexa stürmte kurz nach 11 Uhr völlig aufgelöst aus dem Büro unseres Chefs und stieß dabei fast mit mir zusammen. ”Was ist mit dir denn los? Du siehst ja aus, als ob du jeden Moment zusammenbrichst?”, meinte ich zu ihr. ”Ja, das Gefühl habe ich gerade auch, denn unser Chef hat mich dazu verdonnert eine neue Ferienanlage in Dänemark, die wir eventuell pachten können, zu besichtigen.” ”Ein schönes Land!”, gab ich süffisant von mir. ”Wie man es nimmt!”, darauf Alexa, ”Aber wieso schickt er mich nur ausgerechnet dorthin, denn zufällig befindet sich die Anlage ganz in der Nähe der Firma von Björns Eltern!” Oh je, ich ahnte Schreckliches. Die arme Alexa konnte ich nur bedauern, obwohl....vielleicht war es sogar ganz gut, dass sie auf diese Art und Weise die Gelegenheit hatte Björn wiederzusehen. Vielleicht merkte sie dann, was sie wirklich für ihn fühlte. Vielleicht war er längst liiert und dann würde es einfacher für sie sein über ihn hinwegzukommen.

Am nächsten Tag flog Alexa bereits nach Dänemark und abends schrieb sie mir eine SMS, dass Björn sie zum Abendessen eingeladen habe. Na ja, da konnte man nur gespannt sein, wie sich das weiter entwickeln würde, denn Alexa war ca. eine Woche dort geschäftlich unterwegs sein. Ich drückte ihr ganz doll die Daumen, denn ich wünschte ihr von Herzen, dass sie glücklich wurde.

In dieser Woche ”schleppte” ich mich von einem Tag zum nächsten, wobei Harald und meine beiden Praktikantinnen mich immer wieder aufheiterten. Am Donnerstag fing dann unsere neue Marketing-Chefin Danielle bei uns an, die auf uns alle sofort einen sehr sympathischen Eindruck machte. Wie immer gingen wir mittags mit einigen Kolleginnen und Kollegen zusammen in die Kantine und Danielle schloß sich uns an. Von ihr erfuhren wir, dass sie aus Sachsen stammte und vier Jahr lang mit ihrem Freund Alexander sehr glücklich gewesen war. Seit einem halben Jahr wohnten sie allerdings zusammen und seitdem schien es nicht mehr so gut zu funktionieren. Irgendwie war wohl die ”Luft raus”. Alexander fühlte sich sehr alleine, denn alle seine Freunde waren in Dresden und er war nur wegen Danielle, die hier mehrere Freunde aus ihrer Studienzeit hatte, nach Frankfurt gezogen. Dazu kam noch, dass Alexander gerne Pilot geworden wäre, was aber zu seinem Leidwesen nie geklappt hatte. Seitdem er in Frankfurt,der Stadt des fliegenden Personals, war, war er ständig frustiert. Wir alle konnten Danielle nur raten sich sehr gut zu überlegen, ob diese Beziehung überhaupt noch eine Zukunft hatte, aber sie wollte ihm unbedingt noch eine Chance geben. Danielle war 28, hatte blonde, schulterlange Haare, eine sehr schlanke Figur und sah bildhübsch aus. Sie brauchte sich also absolut keine Gedanken machen, denn es würde nicht lange dauern, bis sie wieder in ”festen Händen” war.

Am Wochenende chattete ich wieder, denn ich wollte ja den Mut nicht verlieren. Ich überlegte, ob ich mich denn nicht endlich mal mit dem Fitnesstrainer Greg treffen sollte, den ich mittlerweile schon Monate kannte – als sogenannten ”online-Kumpel”. Ich hatte bislang ein Treffen immer vermieden, da er eine Freundin gehabt hatte, aber von der hatte er sich vor kurzem getrennt. Ich war nicht sicher, ob Greg überhaupt der richtige Kandidat sein konnte, allerdings war er ein Krebs-Mann – wie Andreas – und somit der 2. Mann dieses Wasserzeichens, der mir jemals online begegnet war. Wenn man den Sternen glauben sollte, hätte eine Beziehung zwischen Fische-Frau und Krebs-Mann sehr gute Chancen. Es war schon 1.30 Uhr Samstag nachts, als ich mich entschied Greg zu treffen. Ich trug bereits mein Nachthemd und zog mich also mitten in der Nacht wieder an. Falco hatte sich schon in sein Zimmer zurückgezogen. Ich öffnete die Tür zu seinem Schlafzimmer und rief ihm zu: ”Ich bin noch weg!” Er:”Waaaaaaaas? Bist du nun komplett durchgeknallt oder was? Weisst du eigentlich, wie spät es ist Georgina?” ”Ja, ich weiß, aber ich treff mich gleich mit Greg. Er holt mich an der Straßenbahnhaltestelle ab!” ”Tu, was du nicht lassen kannst. Dir kann eh keiner mehr helfen, aber heul mir hinterher nicht wieder die Ohren voll, wenn es wieder ein Reinfall war!”

Ich ging nach unten und mußte dann noch ungefähr fünf Minuten bis zur Straßenbahnhaltestelle laufen. Dort wartete ich nochmals ca. 5 Minuten. Dann sah ich einen Audi TT auf mich zukommen. Das musste Gregs Auto sein. Ich begrüßte ihn und er meinte: ”Können wir zu dir fahren?” ”Zu mir? Dort ist doch mein Bruder und dort sind auch unsere beiden Hunde! Was meinst du, was die für eine Show abziehen würden, wenn ich um diese Zeit mit einem fremden Mann in meiner Wohnung auftauchen würde? Die würden bellen ohne Ende. Nein, das geht auf gar keinen Fall!” Dann er: ”Ok, verstehe, dass das nicht geht. Aber zu mir können wir auch nicht, denn meine Wohnung ist oben im Haus meiner Eltern und die schlafen schon. Dort können wir nun auch nicht mehr hin. Was also nun?” Ich überlegte kurz und meinte: ”Dann lass uns ein Stückchen fahren, denn nicht weit von hier ist ein Feldweg, wo du deinen Wagen parken kannst!” (Nach der Erfahrung mit Chris wollte ich eigentlich gar nicht mehr zu irgend jemandem in sein  Auto steigen, aber ich dachte mir, dass in zwei Minuten nicht viel passieren könne und ich war dann auch ganz bei mir in der Nähe, was Greg nicht wissen sollte, denn ich wollte ihm nicht sagen, wo ich wohnte!)

Greg hielt also an dem Feldweg an und dann unterhielten wir uns erstmal. Ich berichtete ihm von den vielen online-Reinfällen und er tröstete mich. Er nahm mich beschützend in den Arm und fragte mich, warum ich ihm denn eigentlich keine Chance geben wolle. Ich hatte in der ganzen Aufregung vergessen ihn nach seinem Alter zu fragen und dann kam die Ernüchterung, denn er war noch jünger als Réné - nämlich erst 25. Das hatte ich nun überhaupt nicht erwartet und damit hatte sich eigentlich das Thema von selbst erledigt. Ich meinte zu Greg: ”Oh no, das glaub ich einfach nicht. Du bist noch sooooooo jung? Vergiss es, das bringt nichts mit uns. Mein Exfreund war 52. Er hätte dein Vater sein können!” Ich erklärte Greg, dass ich eine Beziehung suchte und nicht nur eine kurzlebige Affäre. Er verstand das überhaupt nicht, denn für ihn war das Alter einer Frau absolut Nebensache. Die anschließende Diskussion führte zu keinem Ergebnis. Deshalb stieg ich aus seinem Auto aus und meinte: ”Lass uns einfach nur gute Freunde bleiben, Greg. Wir sehen uns ja eh wieder online. Bald wirst du wieder eine süße, junge Freundin finden, so toll wie du aussiehst und bei deinem Charme. Da mach dir mal bloß keine Gedanken. Ich muß nun nach Hause. Machs gut!” ”Alles klar, Georgina. Ich seh schon, du bist eine Frau mit Prinzipien und ich schaff es nicht dich zu überreden. Auf jeden Fall bleiben wir gute Freunde und man sieht sich im Chat!”

In der nächsten Nacht fragte ich mich, ob ich mich nicht doch wieder auf einen englischsprachigen Mann konzentrieren sollte. Vielleicht waren die ”einheimischen” Männer einfach nicht mein Fall, denn vor meiner online-Zeit hatte ich noch nie einen deutschen Freund gehabt. Begriff ich die Mentalität deutscher Männer nicht oder lag es etwa daran, dass sie mich nicht verstanden oder verstehen wollten???

Am nächsten Abend lernte ich einen 32jährigen amerikanischen Banker namens Steve kennen. Er sah vom Foto allerdings sehr bieder und konservativ aus, gab aber online sehr schlagfertige Kommentare ab und hatte eine supersexy Stimme. Ich beschloß mich noch in der nächsten Woche mit ihm zu treffen.

Am Dienstag war es soweit: wir waren in einer amerikanischen Sportbar in der berühmten Einkaufsstraße Zeil in Frankfurt verabredet. Es war kurz vor 19.00Uhr, als ich die Bar betrat und ich erkannte ihn sofort. Ich begrüßte ihn und wollte ihm – wie ich es gewohnt war – zwei Wangenküsse geben, aber er zuckte zurück. Oh je, er war doch nicht etwa schüchtern? Er redete kaum ein Wort mit mir, schaute fast die ganze Zeit auf die Monitoren, die überall in der Bar hingen. Er guckte sich ein Football-Spiel an, aber wagte nicht mir in die Augen zu schauen. Ich bestellte mir einen Cappuccino und dann fragte ich ihn: ”Steve, sag mal was ist los mir dir?” ”Mit mir? Nichts, ich seh mir nur gerade dieses Spiel an. Das ist total spannend!” ”Dann schau mal weiter Steve, aber ohne mich!” Ich bezahlte meinen Kaffee, bemerkte Steves verdutzten Gesichtsausdruck, aber er gab keinen Kommentar mehr von sich. Dann stand ich auf und meinte nur noch zu ihm: ”Und Tschüss!”, woraufhin er ausrief: ”Bye bye!” Als ich auf dem Heimweg war, fragte ich mich, ob denn alle online-Typen irgendeinen irreparablen ”Schaden” hatten. Sie kamen alle irgendwie mit der realen Welt nicht zurecht, denn sie lebten in einer Traumwelt – in ihrer online-Welt, die sie sich auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten hatten. In dieser Welt konnten sie sich so darstellen, wie sie immer sein wollten: draufgängerisch, wenn sie total schüchtern waren (wie z. B. dieser Ami Steve) oder aber total forsch wie ”Mr. Revival”, der sich dann noch nicht mal zu erkennen gab oder sie waren wie Chris und versandten Fotos aus ihrer Jugendzeit und drehten dann komplett durch, wenn sie eine Frau live trafen. Oh Mann, sollte ich es aufgeben mit meiner online-Suche? Nein, irgendwann mußte es doch klappen. Es konnten doch nicht 100 % der online-Männer Versager sein, der eine oder andere musste einfach eine Ausnahme sein!

Als ich am Mittwoch im Büro eintraf, erfuhr ich, dass Alexa noch bis zum Wochenende in Dänemark sein würde. Sie hatte noch ein paar Urlaubstage drangehängt, wie ich von der Personalabteilung auf Rückfrage erfuhr. Nachmittags erhielt ich dann eine SMS von ihr, nachdem ich sie vorher angesimst hatte, was denn los sei und ob es News gebe wegen Björn. Sie schrieb: ”Mir geht es supergut. Alles Weitere nächste Woche. Viele Grüße von Björn. Alexa”. Wow, das war ja der Oberhammer! Ich war megagespannt, was sie mir berichten würde!

Abends traf ich mich dann wieder mit meinen online-Kumpels im Frankfurter Städtechat und dort lernte ich dann auch den 40jährigen Franzosen und Fische-Mann Pierre kennen. Eigentlich waren mir Fische-Männer viel zu sensibel, es sei denn, sie hatten einen starken Aszendenten. Da ich selbst Fische-Frau mit Aszendent Fische war, brauchte ich unbedingt einen starken Mann, bei dem ich mich anlehnen konnte. Ein Mann, den ich beschützen musste, war absolut der Falsche für mich. Aber trotzdem reizte dieser Pierre mich. Wir telefonierten am nächsten Abend sehr lange und verabredeten uns für Freitag abend am Café ”An der Hauptwache”. Ich hatte kein Foto von ihm erhalten, aber er hatte eines von mir und er kam auch sofort zielsicher auf mich zu. Er begrüßte mich mit den obligatorischen französischen Wangeküssen. Den Traum vom französischen Charmeur konnte ich gleich wieder begraben, denn vor mir stand ein ca. 1,68 m großer überschlanker Mann mit schütterem Haar. Wir tranken einen Milchkaffee und er erzählte mir die ganze Zeit von seiner 13jährigen Tochter, die bei ihm lebte. Davon hatte er mir online kein Wort berichtet. Ich konnte es nicht fassen! Also damit hatte ich nicht gerechnet. Diese Sarah schien ja ein richtiges Teufelskind zu sein. Also das musste ich mir nun wirklich nicht antun. Nachdem ich mir ca. ½ Stunde lang die Horrorgeschichten von diesem offensichtlich total verwöhnten Teenager angehört hatte, überlegte ich mir krampfhaft eine Notlüge. Kurze Zeit später schaute ich auf meine Armbanduhr und meinte zu Pierre: ”Oh, ist es schon so spät? Ich muß mich beeilen, denn ich muß nun unbedingt nach Hause, denn ich muß mit unseren Hunden rausgehen, denn mein Bruder hat heute Abend kurzfristig noch einen längeren Termin und konnte das nicht für mich erledigen.” ”Das ist aber echt schade, Georgina. Wann können wir uns denn mal einen ganzen Abend lang treffen?” Dazu ich: ”Also Pierre, ich möchte dir nichts vormachen. Du bist echt nicht der Typ Mann, den ich suche. Aber ich drück die ganz doll die Daumen, dass du bald eine Mutter für deine Tochter findest!” ”Wie meinst du denn das Georgina?” ”So, wie ich es gesagt habe, Pierre. Du brauchst keine Frau, du brauchst jemanden, der sich um deine Sarah kümmert und ich bin dazu absolut nicht geeignet, denn ich bin froh, wenn ich mit mir selber klar komme und mit meinem Hund und dann noch mit dem von meinem Bruder. Außerdem habe ich einen sehr stressigen Job.” Ich verabschiedete mich ganz höflich, aber bestimmt von Pierre und eilte von dannen...

Während ich auf dem Weg nach Hause in der Straßenbahn saß, dachte ich: Egal, ob Deutscher, Ami, Franzose oder einerlei, ob viel jünger als ich oder in meinem Alter und egal, welches Sternzeichen: ich erlebte einen R(h)einfall nach dem anderen! Nun musste ich mir ernsthaft eine Frage stellen: Ist Schaffhausen wirklich überall oder bildete ich mir das alles nur ein??? Aber da ich das alles nicht geträumt, sondern wirklich erlebt hatte, gab es nur eine einzige Antwort: Ja, Schaffhausen ist überall!

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